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Der Strauchschmatzer (Copsychus fulicatus, Synonym: Saxicoloides fulicatus) ist ein auf dem indischen Subkontinent vorkommender Vogel aus der Familie der Fliegenschnapper (Muscicapidae). Merkmale Der Strauchschmatzer ist ein schlanker Vogel, der gelegentlich plump wirkt, und hat eine Lange von 16 bis 19 cm. Er hat lange Beine, einen langen Schwanz und einen leicht gekrummten Schnabel. Die Art weist einen ausgepragten Sexualdimorphismus auf. Die Weibchen sind fast vollstandig graulich-braun gefarbt, wobei der Kopf starker in die braunliche Farbung geht. Die Schwanzfedern zeigen ein dunkleres Braun, das bis ins Schwarze ubergehen kann. Unter dem Schwanz zeigen die Federn einen matten kastanienbraunen Ton. Die Schwungfedern sind dunkelgrau mit einem graubraunen Saum. Weibchen der sudlichen Unterart Copsychus fulicatus leucopterus sind etwas dunkler gefarbt als die anderer Populationen. Der mannliche Strauchschmatzer ist auf der Stirn, im Ruckenbereich und auf der Flugeloberseite braun gefarbt. Bei angelegten Flugeln zeigt sich darauf ein weißer Strich oder weiße Flecken. Der Rest der Flugel und des Schwanzes geht ins Schwarze uber. Der Kopf und der Bauchbereich sind blaulich-schwarz und glanzend gefarbt. Unter dem Schwanz zeigen die Federn eine helle kastanienbraune Farbung. Jungvogel ahneln den Weibchen. = Gesang = Der Strauchschmatzer hat in unterschiedlichen Situationen verschiedene Gesangsmuster. So besteht sein Gesang, wenn er entspannt ist, aus zwei Noten, die weit getragen werden und sich anhoren wie cheery-we oder pi-peear. Wenn er Alarm schlagt, kommt ein harsches, schimpfendes cheee. Beim Gesang sitzt das Mannchen meist auf erhohten Platzen, wie den Spitzen von Buschen, Dachern oder Zaunen. Es singt meist in der Morgendammerung und in der Abenddammerung. Lebensweise Der Strauchschmatzer ist meist einzelgangerisch oder in Paaren unterwegs. Er bewegt sich springend oder laufend am Boden. In der Nahe des Menschen kann der Strauchschmatzer auch zahm werden. Er hat ein Revier, das er aggressiv verteidigt, vor allem wenn er Jungvogel im Nest großzieht. = Lebensraum = Der Strauchschmatzer ist in offenem Buschland und an Waldrandern in trockenen und steinigen Gebieten weit verbreitet. In diesen Gebieten finden sich meist Gras, viele Felsen und verstreute Busche, wie Wolfsmilchgewachse, Kakteen, Tamarisken oder Kameldorn. Außerdem findet man den Vogel am Rand von Kulturlandschaften, an Sanddunen, in Schluchten, Steinbruchen, in Palmenhainen und Garten. Die Art findet man in Hohen von bis zu 1500 m, vereinzelt bis 1800 m uber der Meereshohe. = Fortpflanzung = Die Art brutet in der Regel zwei- bis dreimal im Jahr. Bei der Balz, die am Boden stattfindet, prasentiert das Mannchen dem Weibchen seine weißen Streifen auf den Flugeln, wahrend es den Kopf und Schnabel zum Himmel richtet und den Schwanz hebt, um den kastanienbraunen Flaum darunter zu zeigen. Teilweise zeigt es einen Balzflug uber seinem Brutrevier. Das Nest wird großtenteils, aber nicht ausschließlich, vom Weibchen gebaut. Hierbei baut es eine flache Konstruktion aus Grasern, kleinen Wurzeln, Pflanzenfasern und Tierhaaren. Das Nest wird in der Regel in Hohlen in Wanden, in Baumen, unter Felsblocken oder in Felsspalten gebaut. Auf Sri Lanka dienen auch oft Locher in Termitenhugeln als Nistplatz. Die Nester werden meist in einer Brutsaison wieder benutzt. Außerdem benutzen die Weibchen denselben Platz oft uber Jahre hinweg fur den Nestbau. Die Gelegegroße betragt je nach Region zwei bis drei Eier bei sudlichen Populationen oder drei bis vier Eier in nordlichen Populationen. Die Eier haben eine blasse grune, grauliche oder gelblich-weiße Farbung mit rotlich-braunen feinen Punkten oder Flecken. Die Brut dauert 11 bis 12 Tage und wird fast ausschließlich vom Weibchen verrichtet. Die Kuken werden von beiden Eltern gefuttert. = Ernahrung = Die Nahrung sucht der Strauchschmatzer meist am Boden, wobei er bei der Suche nach Beute Laub und kleine Steine umdreht. Teilweise lauert er von niedrigen oder halbhohen Ansitzen auf mogliche Beute. Teilweise erbeutet er seine Nahrung auch im Flug. Er ernahrt sich meist von Insekten, ihren Larven und Eiern. Seine Beutetiere sind oftmals Ameisen, Termiten, Fliegen, Kafer, Heuschrecken und Spinnen. Vereinzelt erbeutet er auch kleine Wirbeltiere wie kleine Geckos oder Frosche. Verbreitung und Gefahrdung Der Strauchschmatzer ist in großen Bereichen des Indischen Subkontinents verbreitet. Vor allem in Indien und Sri Lanka ist die Art weit verbreitet. Außerdem findet man ihn in Pakistan, Bhutan, Nepal und Bangladesh. In Afghanistan und auf den Malediven wurde die Art auch nachgewiesen, wobei man davon ausgeht, dass es sich um aus Gefangenschaft entflohene Individuen handelt. Es werden funf getrennte Unterarten unterschieden. Er wird wegen seiner großen Verbreitung und wegen der wahrscheinlich stabilen Populationsgroße von der IUCN als Least Concern („nicht gefahrdet“) eingestuft. Unterarten Es sind funf Unterarten des Strauchschmatzers bekannt: Copsychus fulicatus cambaiensensis (Latham, 1790) Copsychus fulicatus erythrurus (Lesson, 1832) Copsychus fulicatus intermedius Whistler & Kinnear, 1932 Copsychus fulicatus fulicatus (Linnaeus, 1766) Copsychus fulicatus leucopterus (Lesson, 1840) Weblinks Copsychus fulicatus in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2018.1. Eingestellt von: BirdLife International, 2018. Abgerufen am 4. Dezember 2024. Strauchschmatzer (Copsychus fulicatus) bei Avibase Strauchschmatzer (Copsychus fulicatus) auf eBird.org xeno-canto: Tonaufnahmen – Strauchschmatzer (Copsychus fulicatus) Indian Robin (Copsychus fulicatus) in der Encyclopedia of Life. (englisch). Einzelnachweise
Der Strauchschmatzer (Copsychus fulicatus, Synonym: Saxicoloides fulicatus) ist ein auf dem indischen Subkontinent vorkommender Vogel aus der Familie der Fliegenschnapper (Muscicapidae).
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Der Mord an Hermann Lichtenstein war ein Raubmord, der am 26. Februar 1904 in Frankfurt am Main begangen wurde. Historisch bedeutend an der Aufklarung des Falles war, dass dabei erstmals in Deutschland ein Tater mit Hilfe der Daktyloskopie aufgrund seines Fingerabdrucks uberfuhrt wurde. Tat Hermann Lichtenstein betrieb ein Klaviergeschaft in der Zeil 69 in Frankfurt am Main. Als die Tater das Geschaft betraten, war er dort alleine. Neben den fur das Publikum zuganglichen straßenseitigen Geschaftsraumen gab es ruckwartig einen großen Lagerraum, in dem zahlreiche Klaviere und Flugel standen. Die letzte Kundin hatte das Geschaft um 12:20 Uhr verlassen. Bereits um 12:45 Uhr wurde Hermann Lichtensteins Leiche im hinteren Teil des Lagerraumes entdeckt. Er war mit einem runden Gegenstand mit scharfen Kanten getotet worden. Das Tatwerkzeug wurde nie gefunden, es konnte sich um einen Polierhammer gehandelt haben. Zusatzlich war eine Hanfschnur mehrfach um seinen Hals geschlungen. Im gesamten Lager- und Burobereich des Geschafts fanden sich Blutspuren. Der Tresor des Geschafts, in dem sich etwa 800 Mark befunden hatten, war entleert. Ermittlungen und Prozess Die Hanfschnur stammte aus einem Seilergeschaft in der Fahrgasse. Mit Hilfe des dortigen Verkaufers konnte als deren Kaufer mit großer Wahrscheinlichkeit der gelernte Metzger und nun als Mobeltrager arbeitende Oskar Bruno Groß identifiziert werden. Er wurde festgenommen. Anschließend wurden Blutspuren, die er mit Fleckenwasser zu entfernen versucht hatte, auf seiner Kleidung gefunden. Außerdem befand er sich im Besitz von 600 Mark. Die Polizei ging aufgrund der Spuren am Tatort allerdings von zwei Tatern aus. Bei der Uberprufung der Sozialkontakte von Groß stieß die Polizei auf den Pferdeknecht Friedrich Stafforst, der sich mittlerweile in Hamburg aufhielt. Er befand sich im Besitz der goldenen Uhrkette von Hermann Lichtenstein. Bei seiner Vernehmung gab er letztendlich zu, Hermann Lichtenstein zusammen mit Groß getotet zu haben. Die beiden hatten bereits 1902 gemeinsam Falschgeld hergestellt. Stafforst erhielt dafur eine langere Haftstrafe, verriet die Beteiligung von Groß an der Falschmunzerei aber nicht. Groß bestritt, an der Totung von Hermann Lichtenstein beteiligt gewesen zu sein. Als Gutachter wurde der Chemiker Georg Popp, Mitbegrunder der naturwissenschaftlichen Kriminalistik, herangezogen. Ihm gelang es, einen blutigen Fingerabdruck am Kragen des Opfers eindeutig Groß zuzuordnen. Stafforsts Fingerabdrucke fanden sich an Papieren und Mobeln im Geschaft. Aufgrund dieser Beweise verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die beiden am 18. Mai 1904 wegen Mordes zum Tode. Sie wurden am 12. November 1904 im Gefangnis in Frankfurt-Preungesheim mit dem Fallbeil enthauptet und sofort beigesetzt. Schon im September – also vor der Hinrichtung – hatten sich das Anatomische Institut der Universitat Marburg und die Dr. Senckenbergische Stiftung um die kunftigen Leichen gestritten; die Herausgabe der Leichen wurde aber staatlicherseits abgelehnt. Literarische Verarbeitung Nikola Hahn: Die Farbe von Kristall. 1. Auflage. von Schroder, Munchen 2002. ISBN 978-3-547-71003-8 Literatur Maria Kobold: Mordsache Lichtenstein. In: Hessisches Landesarchiv: Archiv Nachrichten aus Hessen 24/2 (2024), S. 18–22. (Digitalisat (PDF, 11,4 MB)) Weblinks Der Mord an Klavierhandler Lichtenstein. Frankfurt Story, FR-Blog zur Frankfurter Stadtgeschichte [Stark ausgeschmuckte Darstellung, die in Einzelheiten von der aktenbasierten Darstellung bei Kobold abweicht.] Anmerkungen Einzelnachweise
Der Mord an Hermann Lichtenstein war ein Raubmord, der am 26. Februar 1904 in Frankfurt am Main begangen wurde. Historisch bedeutend an der Aufklarung des Falles war, dass dabei erstmals in Deutschland ein Tater mit Hilfe der Daktyloskopie aufgrund seines Fingerabdrucks uberfuhrt wurde.
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Monitor National Marine Sanctuary ist eines von 17 Meeresschutzgebieten in den USA, die mit der Bezeichnung National Marine Sanctuary zusammengeschlossen sind. Das erste und alteste, 1975 geschaffene Areal besitzt im Zentrum ein Korallenriff, das auf dem Wrack des am 31. Dezember 1862 gesunkenen Panzerschiffs Monitor entstanden ist. Es gilt als eines der wichtigsten Zeugnisse des amerikanischen Burgerkriegs. Geschutzt ist der Meeresgrund im Umkreis von einer Seemeile rund um das Wrack einschließlich der daruberliegenden Wassersaule und der Wasseroberflache. Die Wassertiefe betragt dort durchschnittlich 70 Meter. Eine Vielzahl von Fisch- und Wirbellosenarten leben auf dem Wrack der USS Monitor und in seiner Umgebung als Habitat, darunter die Bernsteinmakrele, Schwarzer Sagebarsch, Austernfisch und Großer Barrakuda. Geschichte Die USS Monitor war der Prototyp einer fur seichte Seegewasser, Astuare und großere Flusse im Amerikanischen Burgerkrieg konzipierten Schiffsneuentwicklung, die durch starke Bewaffnung sowie Panzerung des Rumpfes und der Aufbauten sehr wehrhaft, aber langsam und von kleiner Bauart war. Es wurde als nicht seetuchtig klassifiziert. Mehrere Dutzend dieser Schiffe wurden bis Ende dieses funf Jahre andauernden Krieges gebaut oder auf Kiel gelegt. Der geringe Freibord wird heute als der Grund angesehen, warum das Schiff in schwerer See kenterte. Das Ungluck ereignete sich bei einem Schleppmanover sudostlich vor Cape Hatteras. Dabei verloren 16 der 62 Mann starken Besatzung ihr Leben. Erst uber einhundert Jahre spater, am 27. August 1973, wurde das Wrack wiederentdeckt. Daran beteiligt war ein interdisziplinares Team von Wissenschaftlern des Meereslabors der Duke University. Mit einer zweiten Expedition im Jahr darauf wurde die Identitat der USS Monitor bestatigt. Zum 113. Jahrestag des Stapellaufs des Schiffes am 30. Januar 1975 erklarte die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) das Wrack der USS Monitor zum ersten nationalen Meeresschutzgebiet der USA. 1986 wurde das Schutzgebiet zur National Historic Landmark – genauer: zu einem Teil des National Register of Historic Places – deklariert. Zwischen den ersten Tauchgangen in den 1970er Jahren bis zu den zuletzt 2016 durchgefuhrten wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass der Schiffsrumpf durch die dauernde Einwirkung des Salzwassers immer schneller zerfallt. 1998 wurde von der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) ein Plan entwickelt, zeitgeschichtlich bedeutsame Objekte aus dem Schiff zu bergen. Dazu gehorten der Propeller, der drehbare Geschutzturm, der Anker und die Dampfturbine. Die Uberreste der beiden im Geschutzturm eingeschlossenen Seeleute wurden ebenfalls geborgen und zur Identifizierung auf die Hickarm Air Force Base in Hawaii gebracht. Andere Gegenstande wie ein lederner Bucheinband, Glasflaschen, Kohlestucke und Walnusshalften wurden konserviert und werden heute im Mariners’ Museum in Newport News, Virginia, ausgestellt. Schutz Der Schutz dieser historischen Gedenkstatte unterliegt strengen Auflagen, die genau festgelegt sind und deren Einhaltung von der NOAA uberwacht wird. Dazu gehort der Umgang mit Schiffen rund um den Schutzort und insbesondere der Zugang zum Wrack, der ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken vorbehalten ist und der die schriftliche Bewilligung der Behorden erfordert. Der Ort soll fur zukunftige Generationen erhalten und erlebbar bleiben, sowohl in kulturhistorischer als auch in biodiverser Hinsicht. Zu den Strategien gehort die zukunftige Offnung auch fur nicht-wissenschaftliche Zwecke. Drei wesentliche Ziele werden mit dieser Unterschutzstellung sichergestellt: Beobachtung und Erforschung des wichtigen Lebensraumtyps im Monitor National Marine Sanctuary (MNMS), Beobachtung und Erforschung biologischer Gemeinschaften, die auf und um die USS Monitor leben, Forderung der Biodiversitat in Verbindung mit naturlichen und kunstlichen Lebensraumen innerhalb des MNMS und Untersuchungen, wie sie sich aufgrund verschiedener Belastungen verandern konnten. Als Ergebnis werden regelmaßig Forschungsberichte herausgegeben, Karten der Lebensraume erstellt, Listen mit den vorkommenden Pflanzen- und Tierarten veroffentlicht und Kommunikations- und Aufklarungsmaterial erstellt, das sich auf die biologische Vielfalt von Schiffswracks konzentriert und sich an Interessengruppen und Mitglieder der Organisation richtet. Einzelnachweise
Monitor National Marine Sanctuary ist eines von 17 Meeresschutzgebieten in den USA, die mit der Bezeichnung National Marine Sanctuary zusammengeschlossen sind. Das erste und alteste, 1975 geschaffene Areal besitzt im Zentrum ein Korallenriff, das auf dem Wrack des am 31. Dezember 1862 gesunkenen Panzerschiffs Monitor entstanden ist. Es gilt als eines der wichtigsten Zeugnisse des amerikanischen Burgerkriegs. Geschutzt ist der Meeresgrund im Umkreis von einer Seemeile rund um das Wrack einschließlich der daruberliegenden Wassersaule und der Wasseroberflache. Die Wassertiefe betragt dort durchschnittlich 70 Meter. Eine Vielzahl von Fisch- und Wirbellosenarten leben auf dem Wrack der USS Monitor und in seiner Umgebung als Habitat, darunter die Bernsteinmakrele, Schwarzer Sagebarsch, Austernfisch und Großer Barrakuda.
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Die Hammerschmiede (auch Alte Hammerschmiede Muhlehorn) in Muhlehorn in der Gemeinde Glarus Nord ist eine der letzten ihrer Art in der Schweiz. Die Schmiede gilt als «bedeutende Zeugin aus der Fruhzeit industrieller Eisenbearbeitung» und gehort zu den altesten in Betrieb stehenden Hammerwerken Europas. Sie ist ein Kulturgut von nationaler Bedeutung im Kanton Glarus. Lage Das Gebaude im «Hammerschmiedeweg 7» liegt in Hanglage oberhalb des Orts am Meerenbach, dessen Abzweig uber das Muhlrad gefuhrt wird. Dieser sechseinhalb Kilometer lange Zufluss des Walensees lieferte ab 1800 Wasserkraft fur zahlreiche Muhlen, Sagen und Schmieden. Geschichte Die Schmiede wurde 1778 am Transportweg des Sarganser Eisens nach Zurich errichtet. Erbauer war Johann Peter Heussi. Hergestellt wurden Werkzeuge fur Handwerk sowie Bergbau, fur Land- und Forstwirtschaft. Daneben konnten Waffen geschliffen werden. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde zusatzlich eine Zigerreibe betrieben. Bis 1897 war die Mullerfamilie Heussi im Besitz der Schmiede. Walter Elmer und ab 1901 Fridolin Egger-Kamm fuhrten das Unternehmen bis 1953 weiter. Der Glarner Heimatschutz erwarb 1964 das Anwesen und liess es bis 1966 restaurieren. Nach Uberfuhrung in eine Stiftung wurde 1971 ein Schaubetrieb als Kunstschmiede neu belebt. Die Renovation gilt als «Pioniertat» des Heimatschutzes und wurde vom Kanton, dessen Gewerbe und der Schweizer Industriespende unterstutzt. Seit 1994 ist der Schmied und Kunstler Christian Zimmermann (* 1966 in Pliezhausen) in der Hammerschmiede tatig und hat dort uber 700 Seminare durchgefuhrt. Im Juni 2023 war die Schmiede Gastgeber der Hauptversammlung des Glarner Heimatschutzes. Im Jahr 1877 errichteten die Bruder Heussi weiter oben am Meerenbach eine grosse Walzmuhle, die bis 1895 zu einem sechsstockigen Bauwerk erweitert wurde. Diese brannte 1907 aus und wurde neun Monate spater wiedereroffnet. Die Muhle wurde 1973 stillgelegt und als Lager- und Silogeschaft weitergefuhrt. Ein Grossbrand zerstorte 1980 den Komplex bis auf die Grundmauern. Ein zweites Silo am Bahnhof wurde 2005 abgebrochen. Beschreibung Das zweigeschossige Gebaude hat ein Teilwalm-Sparrendach mit liegendem Stuhl. Im Obergeschoss ist ein Werkstattraum eingerichtet. Die Schmiede im Erdgeschoss ist mit einer Esse und drei Schwanzhammern ausgestattet, die von einem oberschlachtigen Wasserrad uber eine Nockenwelle angetrieben werden. Die drei unterschiedlichen Hammer fur Grob- und Feinarbeit haben ein Gewicht von 70 bis 200 Kilogramm und arbeiten mit 180 bis 240 Schlagen pro Minute. Die Wassermenge des vier Meter grossen Rades ist auf 0,1 m³/s begrenzt. Der grosse Schleifstein hangt in einem Anbau mit Pultdach. Die Dacher sind mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. Die Fenster sind paarweise gekoppelt, geteilt und haben Laden. Der ehemalige Behalter fur die in der Esse benotigte Kohle wurde von einem modernen Wohnhaus uberbaut. Zu den Kunstwerken vor der Schmiede gehort die mehr als drei Meter hohe Skulptur Elektra. Eine Gedenktafel weist auf den Schmied Fridolin Egger und die Restaurierung hin. Talseitig wurde in den 1920er Jahren ein zweigeschossiges Wohnhaus mit Bruchsteinsockel und Fachwerk im Dachgeschoss errichtet. Siehe auch Liste der Kulturguter in Glarus Nord Literatur Andreas Bram: Alte Hammerschmiede, Hammerschmiedeweg 7. In: Glarus Nord (Die Kunstdenkmaler des Kantons Glarus, Band 2; Die Kunstdenkmaler der Schweiz, Band 133). Gesellschaft fur Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 2017, ISBN 978-3-03797-285-4. S. 423. Steffan Biffiger (Hrsg.): Kunstfuhrer durch die Schweiz Band 2. GSK, Bern 2005, ISBN 978-3-906131-96-2. S. 24. Weblinks Alte Hammerschmiede Muhlehorn. In der Muhlendatenbank milldatabase.org. Webprasenz der Hammerschmiede Belege und Anmerkungen
Die Hammerschmiede (auch Alte Hammerschmiede Muhlehorn) in Muhlehorn in der Gemeinde Glarus Nord ist eine der letzten ihrer Art in der Schweiz. Die Schmiede gilt als «bedeutende Zeugin aus der Fruhzeit industrieller Eisenbearbeitung» und gehort zu den altesten in Betrieb stehenden Hammerwerken Europas. Sie ist ein Kulturgut von nationaler Bedeutung im Kanton Glarus.
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Bai Choi (vietnamesisch bai ‚Gesang‘, choi ‚Hutte‘, ‚Aussichtsplattform‘) ist eine Kulturform in Zentralvietnam, die Gesang, Dichtkunst, Schauspielkunst, Malerei und Literatur verbindet. Die Kunstform zahlt seit 2017 zum Weltkulturerbe und wird im 21. Jahrhundert vor allem auf Fruhlingsfestivals zum Tet Nguyen Đan in der ersten Woche des neuen Mondjahres praktiziert. Ursprunge und Verbreitung Vorformen des Bai Choi wurden offenbar im landlichen Vietnam zum spielerischen Zeitvertreib entwickelt. Um Wildtiere von der Verwustung von Anbauflachen abzuhalten, wurden an den Grenzen der Felder Bambushutten aufgestellt, von denen aus Wachleute aus der jeweiligen Siedlung die Tiere mit Trommeln und Geschrei vertreiben konnten. Um den Wachdienst kurzweiliger zu gestalten, erfanden die Vietnamesen Spiele, Gesange und weitere Interaktionsmoglichkeiten von Turm zu Turm. Bai Choi entstammt der Provinz Binh Dinh und verbreitete sich von dort aus durch das zentrale Vietnam, wo die Kulturform zu Beginn des 21. Jahrhunderts in elf Provinzen heimisch ist (von Nord nach Sud: Quang Binh, Quang Tri, Thua Thien Hue, Đa Nang, Quang Nam, Quang Ngai, Binh Dinh, Phu Yen, Khanh Hoa, Ninh Thuan und Binh Thuan). Die Hochsaison von Bai Choi ist im Fruhling, in der ersten Woche des Mondjahres; an manchen Orten aber auch erst in der zweiten Woche nach dem Tet-Fest. In dieser Zeit finden in vielen auch kleineren Dorfern in Zentralvietnam Bai-Choi-Spiele statt. In großeren Stadten mit Kulturzentren ist es, gerade um Touristen anzuziehen, auch moglich, jedes Wochenende Bai Choi zu spielen. Bai Choi wird in allen Gesellschaftsschichten gespielt. Formen Bai Choi kennt zahlreiche Varianten, lasst sich aber in zwei Formen einteilen: Das Bai-Choi-Spiel und die Bai-Choi-Schau bzw. -Spektakel. In einem Innenhof, oder bei großen Veranstaltungen auch auf einer Freiflache, werden zehn Bambushutten errichtet, die jeweils vier oder funf Spieler aufnehmen konnen. Bei weniger Platz konnen auch nur acht Hutten aufgebaut werden, in anderen Versionen wird sogar mit elf Hutten gespielt. Die Hutten werden typischerweise in zwei sich gegenuberliegenden Reihen aufgebaut, sodass eine Schau von einem Ende des entstehenden Freiraums geleitet werden kann. In weniger traditionellem Rahmen wird auf das Bauen von Hutten verzichtet. = Spiel-Form = Bei der Spiel-Form werden, ublicherweise tagsuber, in den Hutten Kartenspiele gespielt, beispielsweise ein Romme-ahnliches Kartenspiel. Zum Einsatz kommen vorzugsweise selbst gestaltete dreifarbige Kartendecks mit 32 oder 33 Karten (diese Karten sind im Vergleich zu europaischen Spielkarten langlicher und haben die Form von Bambusplattchen oder -staben). Dieselben dreifarbigen Kartendecks finden auch bei der Schau-Form Verwendung; sie werden bei manchen Veranstaltungen am selben Tag erst vorbereitet. = Schau-Form = Bei der eher abends geubten Schau-Form versammeln sich Zuschauer zwischen den Hutten. Freiwilligen aus der Menge, die mitspielen wollen, werden jeweils drei Bambusstabe bzw. Spielkarten ausgehandigt, auf denen Menschen-, Tier- und Objektfiguren aufgemalt oder eingepragt sind. Sie nehmen dann in den Hutten Platz – es konnen so viele Mitspielende teilnehmen, wie Hutten aufgestellt sind. Bei weniger als elf Hutten werden Spielstabe ungenutzt beiseitegelegt. Zwei Hieu („Sprecher“) leiten das Spiel, ausgestattet mit zeremoniellen Gewandern oder Turbanen. Sie tragen mit Gesang oder Schauspiel einen improvisierten Text vor, wahrend sie ihrerseits die korrespondierenden Stabe aus dem Hieu-Bambusrohr ziehen und die gezogenen Worter in ihre Verse einbauen. Die Mitspielenden mussen mit einer Holzglocke klappern, wenn eine ihrer Figuren erwahnt worden ist, vergleichbar einem westlichen Bingo-Spiel. Fur jede korrekte Meldung erhalten die Mitspielenden vom zweiten Hieu oder den Spielgehilfen eine gelbe Flagge. Mit drei Meldungen/Flaggen wird eine Runde gewonnen; Runden konnen so zwischen funf und zehn Minuten dauern. Auch fur die nicht-spielenden Zuschauer ist diese spielerische Gesangs- und Theater-Darbietung interessant. Manche Hieu integrieren auch Tanz in ihre Darbietung. Der materielle Gewinn einer Runde ist meist ein landestypisches Souvenir, in Hoi An beispielsweise eine Laterne aus Bambus und Seide. In anderen Varianten berechtigt der Gewinn einer Runde zur Teilnahme an einer Lotterie. Die musikalische Untermalung der Schau ubernehmen Bands, traditionell mit Trommeln und Hornern. Weltkulturerbe Im Zeitraum 2014 bis 2016 wurde Bai Choi durch das vietnamesische Ministerium fur Kultur, Sport und Tourismus als immaterielles Kulturerbe von Vietnam anerkannt. Die generationenubergreifende Weitergabe der Kunstform erfolgt vor allem auf mundlichem Weg, aber mittlerweile haben sich auch Clubs, Schulen und Vereinigungen als Kulturtrager etabliert, so dass es etwa 90 professionelle Bai-Choi-Gruppen in Vietnam gibt, und auch offentlich bekannte Hieus. Die Kunstform wurde 2017 auf die Reprasentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingetragen. Einzelnachweise
Bai Choi (vietnamesisch bai ‚Gesang‘, choi ‚Hutte‘, ‚Aussichtsplattform‘) ist eine Kulturform in Zentralvietnam, die Gesang, Dichtkunst, Schauspielkunst, Malerei und Literatur verbindet. Die Kunstform zahlt seit 2017 zum Weltkulturerbe und wird im 21. Jahrhundert vor allem auf Fruhlingsfestivals zum Tet Nguyen Đan in der ersten Woche des neuen Mondjahres praktiziert.
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Emilie „Lily“ Caroline Henriette Eversdijk Smulders (* 20. Juni 1903 in Sidoarjo, Niederlandisch-Ostindien; † 1. Marz 1994 in Amsterdam) war eine niederlandische Juristin, Malerin, Zeichnerin, Schriftstellerin und Weltreisende. Leben Lily Eversdijk Smulders wurde 1903 als Tochter des Verwaltungsbeamten Thomas Antonie Eversdijk Smulders (1860–1913) und der Lehrerin Mary Madeleine Beckers (1868–1947) geboren. Mit ihrer jungeren Schwester Judy wuchs sie auf der Insel Java in Niederlandisch-Ostindien auf. Als sie drei Jahre alt war, zog die wohlhabende Familie 1906 in die Niederlande und ließ sich in Nimwegen nieder, wo Lily die „Nutsschool“ (eine Form der Grundschule) besuchte. Als der Vater 1913 starb, ging es der Familie finanziell schlechter und sie musste in ein kleineres Haus umziehen. Lily Eversdijk Smulders schloss ihre Schulausbildung am Stedelijk Gymnasium Nijmegen ab. Sie ging 1921 zum Studium der Rechtswissenschaften an die Universitat Leiden, nachdem ihre Mutter ihr den Besuch einer Kunstschule untersagt hatte, obwohl sie ein großes Interesse am Zeichnen und Malen zeigte. Nach dem Jurastudium, das sie im Juni 1925 mit einem Doktortitel in Rechtswissenschaften abschloss, reiste Lily Eversdijk Smulders nach Niederlandisch-Ostindien, um ihr Geburtsland richtig kennenzulernen. Sie arbeitete zunachst kurze Zeit im Finanzministerium in Batavia (das heutige Jakarta) und wurde dann die erste weibliche Gerichtsschreiberin fur Strafangelegenheiten beim „Raad van Justitie“ (Rechtbank) in Medan auf Sumatra. Schon bald galt sie als kompetente Autorin juristischer Dokumente und Berichte, aber mit ihrer Heirat im November 1931 in Singapur endete ihre Laufbahn bei Gericht. Ihr Ehemann Rob Traill, Angestellter bei der Bataafse Petroleum Maatschappij, verbot ihr auch das Zeichnen. Die Ehe wurde 1936 geschieden. Ab 1936 widmete sich Lily Eversdijk Smulders ganz dem Zeichnen und Reisen. Sie machte eine Lehre bei dem niederlandischen Maler Carel Dake auf Bali und zeichnete mit schwarzer Kreide Portrats der einheimischen Menschen. Angetrieben von dem Wunsch, fremde Lander und Kulturen kennenzulernen, begann sie im Fruhjahr 1937 eine lebenslange weltweite Reisetatigkeit, ausgerustet mit Bleistift, Kreide und Zeichenpapier. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs bereiste sie Japan, Korea, China, Hongkong und Indochina. 1938 hatte sie ihre erste Ausstellung im Institute of Fine Arts in Peking. Die Atmosphare war aufgrund der politischen Entwicklungen angespannt und sie wurde in Japan mehrfach verhaftet, weil die Behorden sie fur eine Spionin hielten. Anfang 1940 kehrte Lily Eversdijk Smulders in die Niederlande zuruck. Wahrend des Kriegs nahm sie Unterricht beim Den Haager Maler Jan Franken (1896–1977), bei dem sie den Umgang mit Olfarbe lernte, und bei Marie van Regteren Altena in Amsterdam. 1944 zog sie nach Amsterdam, wo sie sich aktiv im Widerstand engagierte, Ausweise falschte und Untergetauchte aufnahm. In dieser Zeit wurde sie mehrfach von der Gestapo verhort. Nach dem Krieg besuchte Lily Eversdijk Smulders zwischen 1948 und 1953 Marokko, die Sahara, reiste dem Nilverlauf folgend von Agypten bis zum Sudan und bereiste zwei Jahre lang den Libanon, Syrien, Jordanien, Israel und den Irak. Von 1954 bis 1962 reiste sie insgesamt sieben Mal nach Indien, das sie sehr beeindruckte, und besuchte im Marz 1959 das benachbarte Nepal. Mit zunehmendem Alter wurden ihre Reisen kurzer, fuhrten sie aber noch durch Ostafrika, Peru, Athiopien und Nordkanada. Erst mit der fortschreitenden Verschlechterung ihres Sehvermogens ab 1977 hielt sie sich zunehmend in ihrem Zuhause in der Amsterdamer Vondelstraat 86 auf. Lily Eversdijk Smulders wurde fur ihre Widerstandstatigkeit wahrend des Zweiten Weltkriegs mit dem „Verzetsherdenkingskruis“ (Widerstandsgedenkkreuz) ausgezeichnet. In der Zeit ihres Indienaufenthaltes von 1954 bis 1962 war sie im benachbarten Nepal mit Tibetern in Kontakt gekommen, die vor der chinesischen Unterdruckung in ihrem Land geflohen waren. 1980 grundete sie in den Niederlanden eine Stiftung zur Unterstutzung tibetischer Fluchtlinge in Nordindien. Lily Eversdijk Smulders starb 1994 in ihrem Zuhause. Werk Lily Eversdijk Smulders schuf im Laufe ihrer jahrzehntelangen Reisetatigkeit ein umfangreiches Werk, das mit mehr als tausend anthropologischen Portrats, Olgemalden, Skizzen, Lithografien, Fotografien und sechs Buchern ein historisches Dokument des Lebens an Orten auf der ganzen Welt im 20. Jahrhundert bildet. Wahrend ihrer Reisen tauchte Lily Eversdijk Smulders in die lokale Kultur und Geschichte ein, notierte ihre Eindrucke in Tagebuchern und fertigte Portrats der Bevolkerung an. Zu ihrem Werk zahlen Portrats der nach Nepal gefluchteten Tibeter aus dem Jahr 1959. Ein wichtiges Anliegen war ihr die Wissensvermittlung an die Daheimgebliebenen zu einer Zeit, bevor das Reisen einem breiten Publikum zuganglich wurde. Dazu schrieb sie zwischen den Reisen Artikel fur Zeitungen, hielt Dia-Vortrage und war ofters in der „Radio Volksuniversiteit“ in den Niederlanden zu horen. Daneben gab sie in ihrem Haus in Amsterdam Malunterricht. Ab 1958 veroffentlichte sie umfangreiche Reiseberichte, die mehrfach nachgedruckt wurden. 1980 erschien ihr Buch Anderen zijn anders, in dem sich ihre Reiseberichte mit ihren Vorkriegserinnerungen abwechseln. Zeichnungen von Lily Eversdijk Smulders befinden sich in der Sammlung des Rijksmuseum Amsterdam. Die Sammlung des British Museum enthalt 61 ihrer Zeichnungen. Ihr kunstlerischer Nachlass ist in der 1991 gegrundeten „Lily Eversdijk Smulders Stichting“ untergebracht. Ausstellungen (Auswahl) 2003: Bali, portrettekeningen. Museon, Den Haag 1990: Retrospektive. Museon, Den Haag 1948: Amsterdamse schilders van nu. Stedelijk Museum, Amsterdam 1938: Peking Institute of Fine Arts Veroffentlichungen (Auswahl) Waar het Oosten begint. Boekman & De Meris, Amsterdam 1958. Een Jaar bij de Yogi’s van India en Tibet. N. Kluwer, Deventer 1960. Wonderlijk Tibet. N. Kluwer, Deventer 1966. Het Mysterieuze Midden Oosten. N. Kluwer, Deventer 1970. Anderen zijn anders. Ons Huis, 1976. Reizen in vergeten werelden. Katwijk 1985. Literatur Utah Romer: Eversdijk Smulders, Emilie Caroline Henriette. In: Allgemeines Kunstlerlexikon. Die Bildenden Kunstler aller Zeiten und Volker (AKL). Band 35, Saur, Munchen u. a. 2002, ISBN 3-598-22775-2, S. 442. Weblinks Lily Eversdijk Smulders. Biografische Daten und Werke im Niederlandischen Institut fur Kunstgeschichte (niederlandisch) Ella Andriesse: Smulders, Emilie Caroline Henriette Eversdijk (1903-1994). In: Digitaal Vrouwenlexicon van Nederland. Huygens-Institut fur die Geschichte der Niederlande (Hrsg.) Lily Eversdijk. In: Biografisch portaal van Nederland (Digitalisat) Emilie Caroline Henriette Eversdijk Smulders. In: Pieter A. Scheen: Lexicon Nederlandse Beeldende Kunstenaars 1750–1950. Biografie (Digitalisat) Website Stichting Lily Einzelnachweise
Emilie „Lily“ Caroline Henriette Eversdijk Smulders (* 20. Juni 1903 in Sidoarjo, Niederlandisch-Ostindien; † 1. Marz 1994 in Amsterdam) war eine niederlandische Juristin, Malerin, Zeichnerin, Schriftstellerin und Weltreisende.
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Das Mark Twain Boyhood Home & Museum ist ein aus mehreren Gebauden gebildetes Museum in Hannibal, Missouri in den Vereinigten Staaten. Zentraler Bestandteil ist das Mark Twain Boyhood Home, ein Wohnhaus, in dem der amerikanische Schriftsteller Mark Twain (eigentlich Samuel Langhorne Clemens, 1835–1910) seine Jugend verbracht hat. Trager des Museums ist die 1974 gegrundete gemeinnutzige Mark Twain Home Foundation. Lage Das Museum liegt im Osten der Stadt Hannibal im Marion County am Westufer des Mississippi River und umfasst acht verstreut liegende Einzelgebaude sowie ein Freigelande mit einem Denkmal. Vier der Gebaude und der Parkplatz fur das Museum liegen in einem Straßenblock zwischen Hill Street, North Main Street, North Street und North 3rd Street, drei weitere auf der gegenuberliegenden Straßenseite der Hill Street. Die Tom & Huck Statue steht auf der dem Hauptareal gegenuberliegenden Straßenseite der North Street am Fuß des Cardiff Hill. Lediglich das Mark Twain Museum & Gallery liegt etwa 300 Meter sudostlich des Hauptareals an der Kreuzung der North Main Street mit der Center Street. Geschichte Das Mark Twain Boyhood Home wurde 1843 oder 1844 errichtet. Samuel Clemens alias Mark Twain wohnte dort von 1844 bis 1853, also von seinem 9. bis zum 18. Lebensjahr. Das Elternhaus und seine Umgebung inspirierten Twain zu zahlreichen Details in seinen spateren Geschichten, vor allem in Die Abenteuer des Tom Sawyer und Die Abenteuer des Huckleberry Finn. Als Beispiel sei der weiße Lattenzaun um den Garten angefuhrt, den Tom Sawyer zur Strafe streichen musste, wobei er mit List Jungen aus dem Ort dazu brachte, das an seiner Stelle zu tun und ihn auch noch dafur zu bezahlen, dass sie das tun durften. Auch Figuren seiner Romane sind realen Figuren nachgebildet: Tom Sawyer ist eine Mischung dreier Jungen, darunter Twain selber, Huckleberry Finn ahnelt Twains Nachbarsjungen Tom Blankenship, Tom Sawyers Jugendliebe Becky Thatcher ist Twains Nachbarmadchen Laura Hawkins nachempfunden, Tante Polly entspricht Twains Mutter und der Friedensrichter seinem Vater. Das ursprunglich eingeschossige Haus wurde 1851 um ein zweites Stockwerk erganzt. Nach dem Auszug der Familie Clement wurde es als Mietshaus genutzt und sollte 1911 abgerissen werden. George Mahan, ein Anwalt, der sich um die Bewahrung des Andenkens an den 1910 verstorbenen Mark Twain bemuhte, kaufte das Haus, renovierte es und schenkte es 1912 der Stadt Hannibal. Zunachst bewohnte ein Hausmeister die meisten Zimmer und prasentierte das Wohnzimmer der Offentlichkeit. Somit diente das Haus zumindest teilweise bereits seit 1912 als historisches Museum. Anlasslich des Erfolgs einer Ausstellung zum 100. Geburtstag Twains 1935 wurde neben dem Boyhood Home ein eigener Museumsbau errichtet und 1937 fertiggestellt. Der Hausmeister zog in das Obergeschoss dieses Baus um, und danach wurden auch die ubrigen Raume des Boyhood Home der Offentlichkeit zuganglich gemacht. 1990 bis 1991 wurde das Boyhood Home vollstandig restauriert, wobei auch zwei um 1885 entfernte Raume auf der Ruckseite des Hauses wiederaufgebaut wurden. Im Laufe der Jahre kamen weitere Gebaude hinzu. 1955 wurden der Stadt das Friedensrichteramt und das Pilaster-Haus mit Grants Apotheke ubereignet. 1983 erwarb die Stadt ein ehemaliges Pizza-Restaurant und baute es zu einem Interpretive center um. 1989 verpachtete die Stadt das Friedensrichteramt, das Pilaster-Haus, das Interpretive center und ein Gelande mit einer Tom-und-Huck-Statue an die 1974 gegrundete Mark Twain Home Foundation. Diese erwarb 1995 ein ehemaliges Kaufhaus mit etwa 1675 Quadratmetern Nutzflache an der Main Street und richtete darin ein Museum mit Galerie ein. 2001 erwarb die Stiftung das Becky-Thatcher-Haus, und 2007 ließ sie das Huckleberry-Finn-Haus an seinem ursprunglichen Standort unter Verwendung historischer Materialien rekonstruieren. Anschließend ließ sie die historischen Bauten restaurieren. 2013 wurde die Restaurierung des Becky-Thatcher-Hauses abgeschlossen, 2016 die des Friedensrichteramts und 2019 die des Pilaster-Hauses. Der Abschnitt der Hill Street, an dem das Boyhood Home, das Becky-Thatcher-Haus, das Friedensrichteramt und das Pilaster-Haus liegen, wurde um 1970 gepflastert zur Fußgangerzone umgestaltet. Auf dieser Freiflache finden auch immer wieder Open-Air-Veranstaltungen statt. Gebaude Das Mark Twain Boyhood Home (Lage), Mark Twains Elternhaus an der Hill Street (No. 206), ist ein zweigeschossiges weißes Holzhaus. An einen traufstandig an der Straße liegenden dreiachsigen Bau mit Satteldach schließt sich nach hinten ein ebenfalls zweigeschossiger Anbau an. Rechts neben dem Haus liegt ein Garten, der von einem weißen Lattenzaun umgeben ist. Die Innenraume des Hauses veranschaulichen mit ihrer historischen Einrichtung, den Exponaten und Informationstafeln das Leben in Hannibal zur Jugendzeit Mark Twains. Links von Twains Elternhaus steht der ursprungliche Museumsbau (Lage), ein zweigeschossiges Steinhaus mit Satteldach, giebelstandig an der Hill Street. Er dient nicht mehr als Museum, sondern unter der Bezeichnung Boyhood Home Gift Shop als Museumsladen. Im Inneren des Straßengevierts liegt das Interpretive center (Lage) mit dem Besucherzentrum des Museums. Ein Raum fuhrt anhand einer Zeitleiste durch die 74 Lebensjahre Mark Twains, einschließlich seiner Jugendzeit in Hannibal. Ein weiterer Raum dokumentiert Twains Bucher und die realen Menschen, die die Entwicklung der Bucher beeinflusst haben. An der Nordseite des Straßengevierts liegt das 1911 abgerissene und 2007 anhand alter Photographien rekonstruierte Huckleberry-Finn-Haus (Huckleberry Finn House, Lage) traufstandig an der North Street. Es ist ein eingeschossiges Holzhaus mit Satteldach. Hier wohnte Tom Blankenship, das Vorbild fur Twains Romanfigur Huckleberry Finn. Gegenuber dem Boyhood Home liegt das Becky-Thatcher-Haus (Becky Thatcher House, Lage) traufstandig an der Hill Street. Es ist ein zweigeschossiges Holzhaus mit Satteldach, Zwerchgiebel und einer uberdachten Veranda vor einem Teil der Straßenfassade. Hier wohnte die Familie Hawkins, deren Tochter Laura als Vorbild fur Tom Sawyers Jugendliebe Becky Thatcher diente. Ostlich des Becky-Thatcher-Hauses liegt das Friedensrichteramt (Judge Clemens Justice of the Peace Office, Lage) giebelstandig an der Hill Street. Es ist ein zweigeschossiges Holzhaus mit Satteldach und gestuftem Giebel. Es war der Amtssitz von Twains Vater John Marshall Clemens, der von 1844 bis 1847 Friedensrichter von Hannibal war. Ursprunglich lag das Haus an der Bird Street. Nach seiner Ubereignung an die Stadt Hannibal 1955 wurde es an seinen jetzigen Standort transloziert. Ostlich des Friedensrichteramts liegt das Pilaster-Haus mit Grants Apotheke (Grant’s Drugstore, Lage) traufstandig an der Hill Street. Die Giebelfassade mit dem Apothekeneingang liegt an der North Main Street. Es ist ein zweigeschossiges Holzhaus mit Satteldach. Den Namen „Pilaster-Haus“ verdankt es den sich uber beide Geschosse erstreckenden Pilastern, die seinen Seitenwanden vorgesetzt sind. Hier wohnten der Apotheker Orville Grant, der die Apotheke betrieb, und seine Frau. Zeitweise wohnte in dem Haus ab 1846 auch die Familie Clemens, und Twains Vater ist hier gestorben. Abseits des Hauptareals des Museums liegt das Mark Twain Museum & Gallery (Lage). Wahrend die anderen Gebaude vorwiegend historische Raume zeigen oder bestimmte Themen aus dem Hannibal zur Zeit Twains dokumentieren, dient dieses Gebaude als Museum und Galerie und prasentiert die verschiedenen Sammlungen des Mark Twain Boyhood Home & Museum. Im Erdgeschoss werden vorwiegend die interaktiven Exponate gezeigt, im Zwischengeschoss Exponate aus dem Bereich Dampfschifffahrt und im Obergeschoss Exponate aus Twains Leben und Buchern, darunter auch die Gemaldesammlung Rockwells. Zu dem Museum gehort auch die Grunanlage mit der Tom-und-Huck-Statue (Lage), einer auf einem steinernen Sockel stehende Doppelstatue aus Bronze, die Twains Romanhelden Tom Sawyer und Huckleberry Finn darstellt. Sie wurde von dem Bildhauer Frederick Hibbard geschaffen und 1926 eingeweiht. Damit ist sie eine der fruhesten bekannten Statuen, die zu Ehren fiktiver Figuren errichtet wurden. Sammlungen Die Sammlungen des Museums umfassen viele Erstausgaben von Mark Twain, zahlreiche personliche Gegenstande (darunter seine Oxford-Robe), seine einzige erhaltene weiße Anzugjacke und eine Vielzahl von Twain-Memorabilien, darunter die Totenmaske seines kleinen Sohnes Langdon und ein Schmuckkastchen, das Twain in Italien nach seinen Vorgaben als Geschenk fur seine Frau Olivia hatte schnitzen lassen. Es gibt viele interaktive Exponate, darunter eine nachgebaute Postkutsche und ein auf Federn gelagertes Floß. Diese dienen dazu, Details aus Buchern von Twain zu veranschaulichen, unter anderem aus Die Abenteuer des Tom Sawyer, Die Abenteuer des Huckleberry Finn, Die Arglosen im Ausland, Durch Dick und Dunn und Ein Yankee am Hofe des Konigs Artus. Die Besucher konnen auch die Pfeife eines echten Dampfschiffs erklingen lassen, wahrend sie auf den Mississippi blicken. Das Museum beherbergt zudem eine Sammlung von 15 Originalgemalden Norman Rockwells. Diese Gemalde wurden 1935 als Illustrationen fur Sonderausgaben von Die Abenteuer des Tom Sawyer und Die Abenteuer des Huckleberry Finn in Auftrag gegeben. Das Museum zeigt ferner regionale Kunst- und Wanderausstellungen. Veranstaltungen Das Museum sponsert das ganze Jahr uber zahlreiche Veranstaltungen, auch fur Kinder. Zu den Bildungsprogrammen gehoren Lehrerworkshops, Workshops fur junge Autoren, Schriftstellerworkshops, wissenschaftliche Konferenzen und ein Preis fur kreatives Unterrichten. Am 15. Mai 2012 kundigte ein Sprecher des Museums anlasslich des 100-jahrigen Bestehens des Museums die Einrichtung des „Mark Twain Lifetime Achievement Award“ an, wobei der Schauspieler Hal Holbrook, der Mark Twain in seiner Ein-Mann-Show Mark Twain Tonight! von 1954 bis 2017 uber 2000 Mal dargestellt hatte, zum ersten Preistrager ernannt wurde. Im Jahr 2011 veroffentlichte das Museum die Doppel-CD Mark Twain: Words & Music, die Twains Leben in Wort und Gesang erzahlt. Das Projekt wurde vom Grammy-Preistrager Carl Jackson produziert und bei Mailboat Records veroffentlicht. Beteiligt sind unter anderen Garrison Keillor als Erzahler, Clint Eastwood als Mark Twain, Jimmy Buffett als Huckleberry Finn und Angela Lovell als Susy Clemens. Cindy Lovell, die damalige Direktorin des Museums, schrieb den Text, und mehrere neue Songs wurden fur das Projekt geschrieben. Die Stadt Hannibal feiert jedes Jahr am 4. Juli die Nationalen Tom-Sawyer-Tage, unter anderem mit Wettbewerben im Zaunstreichen und Froschspringen. Das Boyhood Home ist ein zentraler Punkt bei diesen Veranstaltungen. Von Juni bis August finden an jedem Donnerstagabend in Rahmen der Konzertreihe Music Under the Stars Freiluftkonzerte in der Fußgangerzone vor dem Boyhood Home statt. Dargeboten werden Musikgenres wie Swing, Country, Rock, Soul, Blues, Jazz, Bluegrass, Southern Rock, Americana und Big Band. Bei schlechtem Wetter finden die Konzerte im Admiral Coontz Recreation Center statt. Denkmalschutz Am 29. Dezember 1962 wurde das Mark Twain Boyhood Home zur National Historic Landmark deklariert. Am 15. Oktober 1966 wurde es mit der Nummer 66000419 in das National Register of Historic Places aufgenommen. Am 4. Januar 1978 wurde es zur Contributing Property des Mark Twain Historic District (No. 78003398) erklart. Weblinks marktwainmuseum.org (englisch) Mark Twain Boyhood Home. In: NPGallery - Digital Asset Management System. National Park Service, 15. Oktober 1966; abgerufen am 10. Dezember 2024 (amerikanisches Englisch). Twain, Mark, Boyhood Home. In: National Historic Landmark summary listing. National Park Service, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 1. Marz 2009; abgerufen am 12. Dezember 2024 (amerikanisches Englisch). Mark Twain House, 206 Hill Street between North Main & First Streets, Hannibal, Marion County, MO. In: Photos from Survey HABS MO-1526. Library of Congress; abgerufen am 10. Dezember 2024 (amerikanisches Englisch, historische Photos des Mark Twain Boyhood Home). Asset 66000419. In: NPGallery - Digital Asset Management System. National Park Service; abgerufen am 11. Dezember 2024 (amerikanisches Englisch, historische Photos der Hauser an der Hill Street). Einzelnachweise
Das Mark Twain Boyhood Home & Museum ist ein aus mehreren Gebauden gebildetes Museum in Hannibal, Missouri in den Vereinigten Staaten. Zentraler Bestandteil ist das Mark Twain Boyhood Home, ein Wohnhaus, in dem der amerikanische Schriftsteller Mark Twain (eigentlich Samuel Langhorne Clemens, 1835–1910) seine Jugend verbracht hat. Trager des Museums ist die 1974 gegrundete gemeinnutzige Mark Twain Home Foundation.
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blues in schwarz weiss ist der erste Gedichtband von May Ayim. Er erschien 1995 im Orlanda Frauenverlag. Das Buch enthalt acht Gedichtzyklen und ist mit Adinkra-Symbolen aus Ghana illustriert. Das Buch wurde ins Englische und Franzosische ubersetzt. 2021 wurde der Band zusammen mit dem zweiten Gedichtband nacht gesang im Unrast Verlag unter dem Titel blues in schwarz weiss & nachtgesang neu veroffentlicht. In den 2020er Jahren wurden die Texte fur die Buhne adaptiert. Aufbau und Inhalt May Ayims lyrischen Texten sind die Widmung „fur Yoliswa“ und ein Grußwort von Maryse Conde vorangestellt. Am Ende des Bandes findet man eine Erklarung zu den Adinkra-Symbolen sowie ein Glossar und ein Nachwort der Autorin. Das erste Gedicht tragt den Titel vorwort, das letzte den Titel nachwort. Beide sind nicht Teil der Gedichtzyklen, die den Hauptteil des Buches darstellen. Insgesamt sind in dem Band 57 Gedichte versammelt, die sich inhaltlich haufig mit der Identitat der Autorin als Afrodeutsche sowie mit Themen wie Einsamkeit und Zugehorigkeit, Ausgrenzung und Rassismus beschaftigen. Es gibt zwei Gedichte, die ausdrucklich die Titel afro-deutsch I und afro-deutsch II tragen. Andere Texte widmen sich aktuellen Themen des Zeitgeschehens, wie der Wiedervereinigung Deutschlands, dem Bosnienkrieg oder HIV. In nahezu allen Texten geht es um Beziehungen: Familienbeziehungen, Freundschaften und Liebesbeziehungen. Die acht Zyklen des Bandes tragen die Titel am anfang war das wort, zeitenwechsel, die zeit danach, aus dem rahmen, blues in schwarz weiss, beruhrung, himmlisch und nachtrag und sind formal durch Seiten ohne Text, nur mit jeweils einem Adinkra-Symbol unterteilt. May Ayim verwendet in dem Gedichtband durchgehend Kleinschreibung und verzichtet auf Interpunktion. Rezeption und Interpretation Der Gedichtband blues in schwarz weiss gilt als Standardwerk der Lyrik Schwarzer Menschen in Deutschland. Er kann als „beißende Kritik an der deutschen Mehrheitsgesellschaft der Siebziger- bis Neunzigerjahre“ gelesen werden. Die Verwendung der Adinkra Symbole in blues in schwarz weiss kann ebenso wie die Rhythmisierung der Texte mit Einwurfen und Wiederholungen als eine Anlehnung an afrikanische Erzahltraditionen gesehen werden. May Ayim gestaltet in den Texten einen Raum, in dem es moglich wird, Marginalisierung und Diskriminierung als allgemeingultige Probleme zu diskutieren. In der Tradition des Blues erschafft sie ein „Wir“, das als handelndes Subjekt Losungen herbeifuhren kann. Adaptionen 2023 wurde blues in schwarz weiss vom Munchner Residenztheater in einer Adaption von Miriam Ibrahim auf der Buhne im Marstall uraufgefuhrt. Die Texte wurden von Isabell Antonia Hockel und Patrick Bimazubute performt. Der Munchner Merkur lobte das Stuck als „beeindruckende Inszenierung und eine starke letzte Premiere in dieser Saison des Bayerischen Staatsschauspiels“. Eine weitere Buhnenfassung schuf Lamin Leroy Gibba fur das Gorki Theater in Berlin als Teil der Reihe Fremde Poesie?. Die Premiere war am 29. November 2024. Benita Bailey und Ruby Commey trugen die Texte vor. Die nachtkritik urteilte, die Auffuhrung habe „große Lust auf dieses dichterische Werk, das so tief in der Geschichte dieses Landes und seiner Misere wurzelt“, gemacht. Einzelnachweise
blues in schwarz weiss ist der erste Gedichtband von May Ayim. Er erschien 1995 im Orlanda Frauenverlag. Das Buch enthalt acht Gedichtzyklen und ist mit Adinkra-Symbolen aus Ghana illustriert. Das Buch wurde ins Englische und Franzosische ubersetzt. 2021 wurde der Band zusammen mit dem zweiten Gedichtband nacht gesang im Unrast Verlag unter dem Titel blues in schwarz weiss & nachtgesang neu veroffentlicht. In den 2020er Jahren wurden die Texte fur die Buhne adaptiert.
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101 Vrouwen en de oorlog (dt.: 101 Frauen und der Krieg) ist der Titel eines Buches der Historikerin und Schriftstellerin Els Kloek mit 101 Biografien von Frauen, die im Zweiten Weltkrieg im Kontext der niederlandischen Geschichte eine Rolle spielten. Hintergrund Das Buch wurde von Els Kloek als Fortsetzung des 2013 veroffentlichten Nachschlagewerks 1001 vrouwen uit de Nederlandse geschiedenis (1001 Frauen aus der niederlandischen Geschichte) zusammengestellt und von Irma Boom gestaltet. Es erschien 2016 in einer limitierten Auflage beim Verlag Vantilt anlasslich des Ruhestandsantritts von Marjan Schwegman, Professorin und damalige Direktorin des NIOD Instituut voor Oorlogs-, Holocaust- en Genocidestudies. Von Els Kloek stammen die Beitrage zu Annetje Fels-Kupferschmidt, Ru Pare, Ellen van der Ploeg, Sophie Elisabeth Saueressig und Theodora Versteegh. Im Jahr 2018 wurde 1001 vrouwen in de 20ste eeuw (1001 Frauen im 20. Jahrhundert) veroffentlicht, das Biografien aus 101 Vrouwen en de oorlog enthalt. Von Oktober 2018 bis Marz 2019 wurde eine durch Els Kloek kuratierte begleitende Ausstellung im Amsterdam Museum gezeigt. Darin wurde das Leben von etwa 200 der im Buch dargestellten Frauen anhand von Originalgegenstanden, Besitztumern und Schriften nachgezeichnet. Alle Biografien aus dem Buch sind auch verfugbar im Digitaal Vrouwenlexicon van Nederland, einem Online-Nachschlagewerk mit Biografien niederlandischer Frauen des Huygens-Instituts fur die Geschichte der Niederlande. Inhalt Das Buch besteht aus Biografien von 101 Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichem religiosen Glauben, deren Lebensgeschichten mit dem Krieg verknupft sind. Der Band enthalt einige Biografien von Lagerwarterinnen in den Konzentrationslagern, Mitgliedern der Nationaal-Socialistische Beweging (NSB), Kollaborateurinnen, niederlandischen Nationalsozialistinnen, Antisemitinnen und rechtsextremen niederlandischen Aktivistinnen. Außerdem sammelt er einige Biografien von Frauen im damaligen Niederlandisch-Ostindien, darunter Gefangene und die „Trostfrauen“ genannten Zwangsprostituierten in japanischen Lagern. Der Großteil entfallt auf die Lebensgeschichten von Frauen in den Niederlanden, die sich aktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus engagierten, Helferinnen von Untergetauchten oder selbst Verfolgte. Darunter finden sich sowohl judische als auch nichtjudische Frauen. Neben im Krieg durch ihre Leistungen oder Taten bekannt gewordenen Frauen enthalt der Band auch Biografien von Frauen, deren Bekanntheit oder weiteres Leben erst in der Nachkriegszeit bedeutsam wurde. Außerdem sind einige Biografien von Madchen und Frauen enthalten, deren private schriftliche Aufzeichnungen posthum veroffentlicht wurden. Als historische Dokumente aus der Zeit des Holocausts zeigen die Tagebucher die Unmenschlichkeit des Volkermordes in der Zeit des Nationalsozialismus auf. Ein gesondertes Kapitel des fruheren NIOD-Direktors Hans Blom beschreibt die Rolle „der unbekannten Hausfrau“ in Analogie zum Bild „des unbekannten Soldaten“. Die Lebenslaufe werden erganzt durch ganzseitige Fotos der portratierten Frauen. Ubersicht der Biografien: = Als judisch oder aus anderen Grunden verfolgte Frauen = Clara Asscher-Pinkhof (1896–1984): niederlandisch-israelische judische Padagogin und Schriftstellerin, die 1943 in das Durchgangslager Westerbork und 1944 in das KZ Bergen-Belsen deportiert wurde. Als eine von 222 Gefangenen, die ein Einwanderungszertifikat fur Palastina besaßen, wurde sie gegen deutsche Kriegsgefangene ausgetauscht. Else Berg (1877–1942): judische Malerin, ermordet im KZ Auschwitz-Birkenau. Jetty Cantor (1903–1992): judisch-niederlandische Geigerin, Sangerin und Schauspielerin, die im Ghetto Theresienstadt im Haftlingsorchester spielte und im KZ Auschwitz-Birkenau Violinistin im Frauenorchester des Lagers wurde und so den Holocaust uberlebte. Josepha Mendels (1902–1995): niederlandische Schriftstellerin, Journalistin und spater Schauspielerin, die nach Beginn der anti-judischen Razzien in Paris nach London floh. Dort war sie beim Abhordienst des niederlandischen Exil-Nachrichtendienstes (Rijksvoorlichtingsdienst) tatig. 1945 kehrte sie nach Paris zuruck und arbeitete fur den Nachrichtendienst der niederlandischen Botschaft. Louise de Montel (1926–1993): Sangerin, die als „Halbjudin“ zunachst im KZ Herzogenbusch war und das Bunkerdrama von Vught uberlebte. Zum Kriegsende wurde sie aus dem KZ Ravensbruck befreit. Edith Stein (1891–1942): deutsche Philosophin, Lehrerin und Frauenrechtlerin judischer Herkunft. 1922 ließ sie sich taufen und trat 1933 trat in den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen ein. Mit den Massendeportationen von Juden aus den Niederlanden 1942 kam sie in das KZ Auschwitz-Birkenau, wo sie ermordet wurde. Settela Steinbach: (1934–1944): niederlandische Sintiza, die als Kind mit ihrer Familie in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Ihr Foto vom Transport nach Auschwitz galt zunachst falschlich als ein Symbol der Verfolgung der niederlandischen Juden. Erst 1994 fand der Journalist Aad Wagenaar heraus, dass sie den niederlandischen Sinti angehorte. = Weitere verfolgte Judinnen, deren schriftliche Aufzeichnungen erhalten blieben = Helga Deen (1925–1943): deutsch-niederlandische Judin, die im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde. Ihre aus dem Lager geschmuggelten Aufzeichnungen aus dem KZ Herzogenbusch erschienen 2007 unter dem Titel Wenn mein Wille stirbt, sterbe ich auch. Tagebuch und Briefe. Anne Frank (1929–1945): deutsche Judin, die 1934 mit ihrer Familie in die Niederlande floh und kurz vor dem Kriegsende im KZ Bergen-Belsen ermordet wurde. Versteckt in einem Hinterhaus hielt sie ihre Erlebnisse und Gedanken von Juli 1942 bis August 1944 in einem Tagebuch fest, das nach dem Krieg als Tagebuch der Anne Frank von ihrem Vater Otto Frank veroffentlicht wurde. Etty Hillesum (1914–1943): Intellektuelle, die im KZ Auschwitz-Birkenau starb. Sie hinterließ ein Tagebuch und Briefe aus der Zeit von 1941 bis 1943. Eine erste Auswahl aus dem Tagebuch wurde 1981 unter dem Titel Het verstoorde Leven veroffentlicht. Eine Gesamtausgabe ihrer Schriften erschien 1986 als Het Werk, die deutschsprachige Ubersetzung davon 2023. Die Originale der Tagebucher befinden sich im Joods Museum in Amsterdam. Klaartje de Zwarte-Walvisch (1911–1943): Mantelnaherin, die in der Zeit ihrer Gefangenschaft in der Hollandsche Schouwburg, im KZ Herzogenbusch und im Durchgangslager Westerbork Tagebuch fuhrte. Sie wurde im Vernichtungslager Sobibor umgebracht. Ihr Tagebuch befindet sich im Amsterdamer Joods Museum und wurde 2009 unter dem Titel Alles ging aan flarden. Het oorlogsdagboek van Klaartje de Zwarte-Walvisch veroffentlicht. Rose Jakobs (1925–1944): deutsche Judin, die 1938 mit ihrer Familie in die Niederlande floh und im August 1942 untertauchte. Am 2. Oktober 1944 wurde sie von einer Splitterbombe todlich getroffen. Wahrend ihrer Zeit in verschiedenen Verstecken hatte sie zwischen 1942 und 1944 ein Tagebuch gefuhrt, das 1999 unter dem Titel De roos die nooit bloeide. Dagboek van een onderduikster, 1942–1944 veroffentlicht wurde. Renata Laqueur (1919–2011): Sprach- und Literaturwissenschaftlerin, die mehrfach als Judin in verschiedene KZs deportiert wurde und heimlich Tagebuch schrieb. 1945 kam sie frei. Das Tagebuch Dagboek uit Bergen-Belsen: maart 1944–april 1945 erschien 1965. Sie trug dreizehn weitere Tagebucher von KZ-Insassen zusammen und schrieb 1969 bis 1971 in den USA ihre Doktorarbeit Writing in Defiance: Concentration Camp Diaries in Dutch, French and German, 1940–1945 daruber. Kitty de Wijze (1920–1942) und Joke de Wijze (1922–1942): Schwestern, die im KZ Auschwitz ermordet wurden. Von ihnen sind Postkarten erhalten geblieben. = Frauen in Niederlandisch-Ostindien und japanischen Gefangenenlagern = Costavina Aya Ayal (1926–2015): Widerstandskampferin in Neuguinea wahrend der japanischen Invasion Sudostasiens und Mitglied der einzigen Guerillagruppe in Niederlandisch-Ostindien. Helen Colijn (1920–2006): war von 1942 bis 1945 in japanischen Lagern auf Sumatra interniert und machte die dort entstandene Musik weltweit bekannt. Margaretha Ferguson (1920–1992): Schriftstellerin, Journalistin und Ubersetzerin. Wahrend der japanischen Besatzung landete sie in verschiedenen japanischen Lagern. Zunachst 1942 in Tjideng, wo 1943 ihre Tochter geboren wurde. 1944 wurden sie und ihre Tochter ins Camp Tangerang und 1945 ins Camp Adek verlegt. Elisabeth Keesing (1911–2003): niederlandische Schriftstellerin judischer Abstammung. Nach 1938 ging sie nach Niederlandisch-Ostindien und wurde wahrend des Zweiten Weltkriegs in einem japanischen Lager interniert. Ellen van der Ploeg (1923–2013): wurde mit ihrer Familie in einem japanischen Lager interniert und fur drei Monate in einem Bordell fur japanische Soldaten als „Trostfrau“ zur Zwangsprostitution gezwungen. Erst 1946 kam sie mit ihrer Familie frei und lebte in Den Haag. 1995 schrieb sie zusammen mit dem Journalisten Jos Goos das Buch Gevoelloos op bevel uber ihre Kriegserlebnisse. Sophie Elisabeth Saueressig (1906–1945): ausgebildete Tanzerin, die mit ihren drei Kindern im japanischen Frauenlager Tjideng auf Java interniert war, wo sie im Juni 1945 an Ruhr starb. Julie van der Steur (1920–2001): Sangerin, die Kurierdienste fur den Widerstand in Niederlandisch-Indien ubernahm und im April 1943 von der japanischen Militarpolizei festgenommen, verhort, misshandelt und bedroht wurde und gezwungen wurde fur die Geheimdiensteinheit der japanischen Militarpolizei zu arbeiten. Nach der Befreiung gelangte sie 1946 nach Rotterdam. Dora van Velden (1909–1997): Lehrerin, Historikerin und Kuratorin, die im Oktober 1942 erst im Lager Kramat, dann in Tjideng interniert wurde. Nach dem Krieg schrieb sie ein Standardwerk uber die Internierungslager in Niederlandisch-Ostindien. = Judische Widerstandskampferinnen = Frieda Belinfante (1904–1995): Cellistin und Dirigentin, die sich ab 1941 in der Widerstandsgruppe „Groep 2000“ engagierte und an der Falschung von Personalausweisen und der Unterstutzung von Untergetauchten beteiligte. 1943 tauchte sie unter und gelangte in die Schweiz. Rosa Boekdrukker (1908–1982): Kindergartnerin, die Mitglied der Communistische Partij van Nederland (CPN) war und sich am kommunistischen Widerstand beteiligte. Am 9. April 1941 wurde sie verhaftet und kam mit Kriegsende frei. Annetje Fels-Kupferschmidt (1914–2001): Widerstandskampferin, die sich in der zionistischen und antifaschistischen Bewegung engagierte. Sie wurde verhaftet und nach mehreren Lagern im KZ Neustadt-Glewe befreit. Nach dem Krieg war sie eine der Grunderinnen des „Nederlands Auschwitz Comite“ (niederlandisches Auschwitz-Komitee) und im Vorstand des internationalen Auschwitz-Komitees. Lien Kuijper (1923–1943): Widerstandskampferin, die sich bei Johannes Post in Drenthe versteckte und Kurierdienste ubernahm. Sie wurde gefasst und im KZ Auschwitz ermordet. Trui van Lier (1914–2002): Widerstandskampferin wahrend des Zweiten Weltkriegs, die 150 judische Kinder rettete, bevor sie selber untertauchen musste. Truus van Lier (1921–1943): Widerstandskampferin, die 1943 den Utrechter Polizeichef und fuhrenden Nationalsozialisten Gerardus Johannes Kerlen erschoss. Sie wurde verraten, in das KZ Sachsenhausen verschleppt und durch ein Erschießungskommando hingerichtet. Selma Meyer (1890–1941): Widerstandskampferin, Feministin und Pazifistin, die verhaftet und im Polizeigefangnis Moabit verhort wurde. Laut Aussage einer Mitgefangenen starb sie an den Folgen von Misshandlungen durch die Gestapo. Jetty Paerl (1921–2013): floh 1940 mit ihrer Familie nach London und sang ab Marz 1941 in der wochentlichen Kabarettsendung De Watergeus von Radio Oranje, dem Radioprogramm der niederlandischen Exilregierung. Henriette Pimentel (1876–1943): Widerstandskampferin, die die Krippe fur judische Kinder gegenuber der Hollandsche Schouwburg in Amsterdam leitete und gemeinsam mit anderen Widerstandlern rund 600 Kindern das Leben rettete. Sie wurde nach Auschwitz deportiert und ermordet. Gertrude van Tijn (1891–1974): als Leiterin der Auswanderungsabteilung des Joodse Raad half sie Juden bei der Flucht in neutrale Lander. Im September 1943 wurde sie deportiert und gelangte im Juli 1944 aus dem KZ Bergen-Belsen im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Palastina. Betty Trompetter (1917–2003): untergetauchte Widerstandskampferin, die sich zusammen mit Johannes Post in der Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers (LO) („Nationale Organisation zur Hilfe fur Untergetauchte“), bei der Widerstandszeitschrift Trouw und dem landesweit organisierten bewaffneten Widerstand Landelijke Knokploegen (LKP) engagierte. Nach ihrer Verhaftung und Deportation wurde sie bei Kriegsende aus dem KZ-Außenlager Munchen der Agfa Kamerawerke, einer Außenstelle des KZ Dachau, befreit. Bep Turksma (1917–1987): engagierte sich im Delfter Studentenwiderstand und wurde im September 1942 verhaftet. Nach ihrer Flucht aus dem Durchgangslager Westerbork tauchte sie unter und konnte nach Frankreich fluchten. = Weitere Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus = Nina Baumgarten (1918–2009): Widerstandskampferin im Ordedienst und Englandfahrerin Cornelia Johanna van den Berg-van der Vlis (1892–1944): Widerstandskampferin, die festgenommen und in Groningen im Scholtenhuis, dem Sitz der Sicherheitspolizei, verhort wurde. Sie wurde in der Nahe des Dorfes Vries bei Assen erschossen. Charlotte van Beuningen-Fentener van Vlissingen (1880–1976): half Haftlingen im Konzentrationslager, indem sie den Lagerkommandanten uberredete, ihr die Auslieferung von Lebensmittelpaketen zu gestatten. Mit Helferinnen fertigte sie bis zu zwolfhundert Lebensmittelpakete pro Woche. Mies Boissevain-van Lennep (1896–1965): Feministin, die an der Organisation der Kindertransporte und der Rettung von Kindern aus der Hollandsche Schouwburg beteiligt war. Sie wurde verhaftet und 1945 aus dem KZ Ravensbruck befreit. Els Boon (1916–2004): Widerstandskampferin, die untergetauchten judischen Menschen half, in sichere Lander zu gelangen. Sie hielt sich meist in Brussel auf, einem Knotenpunkt der Fluchtroute, und arbeitete mit der „Fiat-Libertas“-Gruppe zusammen, die abgeschossenen alliierten Piloten bei der Flucht nach Spanien oder in die Schweiz half. Anfang 1944 wurde Els Boon in Brussel verhaftet, konnte beim Transport in das KZ Herzogenbusch fliehen und tauchte unter. Corrie ten Boom (1892–1983): Religionslehrerin, die aus christlicher Uberzeugung eine Untergrundorganisation zur Rettung verfolgter Juden grundete. Cornelia Bosch (1925–1945): Widerstandskampferin, die kurz vor der Befreiung Deventers erschossen wurde. Elisabeth Brugsma (1887–1945): niederlandische Psychiaterin und aktiv im Widerstand, gestorben im KZ Ravensbruck. Violette Cornelius (1919–1998): niederlandische Fotografin und Widerstandskampferin. Esmee van Eeghen (1918–1944): Widerstandskampferin, wurde im Scholtenhuis verhort und durch Ernst Knorr ermordet. Miep Gies (1909–2010): Widerstandskampferin, die die untergetauchte Familie von Anne Frank im Amsterdamer Hinterhaus versorgte und dafur sorgte, dass Anne Franks Tagebuch erhalten blieb. Titia Gorter (1879–1945) und Dora Gorter (1888–1945): Schwestern, die Widerstandszeitungen schrieben und verteilten und sichere Unterkunfte fur Verfolgte einrichteten. Sie waren aktiv im Widerstand um Peter Tazelaar. Sie wurden gefangen genommen und im KZ Ravensbruck ermordet. Annick van Hardeveld (1923–1945): die wahrscheinlich letzte Kurierin, die im Zweiten Weltkrieg wahrend ihrer Tatigkeit fur den Widerstand erschossen wurde. Siet Gravendaal-Tammens (1914–2014): Lehrerin an einer Schule fur lernbehinderte Schuler, die als Leitungsmitglied der „Groninger Top“ eine wichtige Rolle im Groninger Widerstand spielte. Ihre Wohnung war Ubergangsunterkunft fur Untergetauchte, Lager fur Lebensmittelkarten und Waffen. Thea Hoogensteijn (1918–1956): Sekretarin beim Sicherheitsdienst (SD) und Informantin des Widerstands, die so unzahligen Untergetauchten und judischen Menschen das Leben rettete. Schließlich musste sie selbst untertauchen. Kate ter Horst (1906–1992): Niederlanderin, die aufgrund ihrer Betreuung britischer Verwundeter wahrend der Schlacht um Arnheim als „Engel von Arnheim“ bekannt wurde. Anda Kerkhoven (1919–1945) Widerstandskampferin, die vom Sicherheitsdienst festgenommen und im Scholtenhuis in Groningen gefoltert und schließlich von niederlandischen Komplizen des deutschen Sicherheitsdienstes erschossen wurde. Tine van Klooster (1894–1945): Schriftstellerin und Verlegerin, die sich weigerte, Mitglied der Kultuurkamer zu werden, sich an Widerstandsaktivitaten beteiligte und dem Widerstandsfuhrer Gerrit van der Veen Unterschlupf bot. Sie wurde verraten, deportiert und starb im Frauenkonzentrationslager Ravensbruck. Cornelia Kossen (bekannt als: Nel Hissink) (1897–1943): aktiv im Widerstand, arbeitete an der illegalen Zeitschrift De Vrije Kunstenaar, stellte gefalschte Ausweise her und war an der illegalen Organisation „CS-6“ beteiligt, die bewaffneten Widerstand leistete. Nachdem sie verraten wurde, wurde sie im KZ Sachsenhausen erschossen. Helena Kuipers-Rietberg (1893–1944): zentrale Figur des organisierten Widerstandes in den Niederlanden, der Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers (LO). Fietje Kwaak (1901–1990): Geschaftsfuhrerin, die half, das Vermogen der in judischem Besitz befindlichen Rotterdamer Firma Robema vor den Nazis außer Landes zu retten. Hester van Lennep (1916–2000): Widerstandskampferin, die judische Kinder in Verstecken bei Freunden und Bekannten innerhalb und außerhalb der Stadt in Sicherheit brachte und Mitarbeiterin der illegalen Widerstandszeitung Trouw war. Rie Lips-Odinot (1908–1998): Widerstandskampferin, die im Internierungslager Schoorl inhaftiert und 1945 aus dem KZ Ravensbruck befreit wurde. Laura Carola Mazirel (1907–1974): Juristin, Autorin, antiautoritare Sozialistin und Mitglied der Widerstandsgruppe Vrije Groepen Amsterdam, die zu den Organisatoren des Anschlages auf das Einwohnermeldeamt Amsterdam zahlte. Gezina van der Molen (1892–1978): Rechtswissenschaftlerin und Mitgrunderin der Widerstandszeitschrift Trouw, die sich ab 1941 bei „Vrij Nederland“ engagierte und zahlreichen judischen Kindern das Leben rettete. Tiny Mulder (1921–2010): Journalistin und Schriftstellerin, die als Kurierin im friesischen Widerstand aktiv war, judische Untergetauchte versorgte und im Winter 1943/44 mehr als siebzig gestrandete alliierte Piloten nach England fuhrte. Anfang 1944 tauchte sie unter. Annie van Ommeren-Averink (1913–1991): Widerstandskampferin und Mitglied der Communistische Partij van Nederland (CPN). Nach dem Aufruf zum Februarstreik tauchte sie unter. 1943 organisierte sie den bewaffneten Widerstand in Haarlem. Loes van Overeem (1907–1980): Mitarbeiterin des niederlandischen Roten Kreuzes wahrend und nach dem Zweiten Weltkrieg, die sich fur bessere Bedingungen vor allem im KZ Herzogenbusch und dem Durchgangslager Amersfoort einsetzte. Ru Pare (1896–1972): Malerin und Widerstandskampferin, die Verstecke fur judische Kinder fand, untergetauchte Menschen mit Geld und Lebensmittelgutscheinen versorgte und Personalausweise fur sie falschte. Reina Prinsen Geerligs (1922–1943): als Mitglied in der Widerstandsgruppe „CS-6“ beteiligte sie sich am Anschlag auf das Einwohnermeldeamt Amsterdam und an der Erschießung von insgesamt 24 Widerstandsmitgliedern, die als Verrater enttarnt worden waren. Sie wurde gefasst und im KZ Sachsenhausen getotet. Coba Pulskens (1884–1945): bot untergetauchten Juden, Widerstandskampfern und im feindlichen Gebiet abgesturzten oder notgelandeten Piloten Unterschlupf. Sie wurde verhaftet und im KZ Ravensbruck umgebracht. Jannie Raak (1922–1957): Widerstandskampferin, die auch weiter als Kurierin arbeitete, nachdem sie 1941 untergetaucht war. Ada van Randwijk-Henstra (1911–2013): Lehrerin, die fur die Untergrundzeitung Vrij Nederland arbeitete, mehrfach verhaftet wurde und im Versteck lebte. Mink van Rijsdijk (1922–2000): Schriftstellerin, die die Widerstandsgruppe „Rolls Royce“ unterstutzte und wahrend des Krieges untertauchte. Hannie Schaft (1920–1945): als Mitglied der Widerstandsgruppe Raad van Verzet fuhrte sie Anschlage auf hohe Reprasentanten der deutschen Besatzung wie Kader der Gestapo, niederlandische Kollaborateure und „Verrater“ aus den eigenen Reihen aus. Sie wurde gefasst, gefoltert und im April 1945 in den Dunen von Bloemendaal erschossen. Atie Siegenbeek van Heukelom (1913–2002): Illustratorin, Zeichnerin und Autorin, die als Kurierin fur den Raad van Verzet tatig war. Sie wurde gefasst und 1945 aus dem Außenlager Salzwedel des KZ Neuengamme befreit. Ihre Zeichnungen aus dieser Zeit wurden spater veroffentlicht. Tina Strobos (1920–2012): niederlandisch-amerikanische Medizinerin, Psychiaterin und Widerstandskampferin, die mit ihrer Mutter uber hundert Juden rettete, indem sie sie in ihrem Haus in Amsterdam versteckten und in andere Regionen brachten. Sie verteilte auch Lebensmittel, Waffen, Lebensmittelmarken und gefalschte Personalausweise an die Untergetauchten. Marie Anne Tellegen (1893–1976): Juristin und Frauenrechtlerin, die sich im Utrechts Kindercomite zur Unterbringung judischer Kinder und bei der Untergrundzeitung Vrij Nederland engagierte. Im Februar 1944 trat sie der Leitung der Widerstandsgruppe Nationaal Comite van Verzet (Nationales Widerstandskomitee) bei. Danach tauchte sie unter. Eelkje Timmenga-Hiemstra (1892–1971): war an der Unterstutzung der Gefangenen im KZ Herzogenbusch beteiligt. Sie wurde „der Vught-Engel“ und „die Mutter der Gefangenen“ genannt. Ab April 1943 informierte sie vor allem Familienangehorige uber Transporte und verschickte Pakete mit Lebensmitteln, Kleidung und Kleinutensilien an Haftlinge, deren Familien selbst keine Moglichkeit dazu hatten. Sie verbreitete zudem das Untergrundblatt Vrij Nederland und half Untergetauchten. Jacoba van Tongeren (1903–1967): Grunderin und Anfuhrerin der Widerstandsgruppe Group 2000 in der Region Amsterdam, die Untergetauchten half. Tante Truus (Geertruida Wijsmuller-Meijer) (1896–1978): engagierte sich im Comite voor Bijzondere Joodse Belangen (Niederlandisches Komitee fur judische Belange) und rettete mit ihren Kindertransporten mehr als 10.000 judische und „nicht-arische“ Kinder. Theodora Versteegh (1888–1970): Sangerin, die ihrer Freundin und Widerstandskampferin Ru Pare half, Verstecke fur judische Kinder zu finden. Atie Visser (1914–2014): beteiligte sich als Mitglied der Marinus-Post-Gruppe an Uberfallen auf Vertriebsburos fur Lebensmittelkarten und Gutscheine. Hanna van de Voort (1904–1956): rettete Untergetauchte und mehr als hundert judische Kinder vor der Deportation und Ermordung. Bep Voskuijl (1919–1983): gehorte zu den Helfern von Anne Frank und ihrer Familie, als diese sich versteckten. Hetty Voute (1918–1999): Mitbegrunderin der Untergrundzeitschrift Het Bulletin. Sie schloss sich dem Utrechts Kindercomite an, das judische Kinder vor der Deportation durch die Deutschen in Vernichtungslager in Sicherheit brachte. Sie wurde verhaftet und schließlich bei Kriegsende aus dem KZ Ravensbruck befreit. Gisele van Waterschoot van der Gracht (1912–2013): Kunstlerin, die ab 1941 eine Gruppe meist judischer Jugendlicher deutscher und niederlandischer Nationalitat versteckte. Gabrielle Weidner (1914–1945): niederlandische Widerstandskampferin, die im Zweiten Weltkrieg im franzosischen Widerstand aktiv war. Sie gehorte zu den Siebenten-Tags-Adventisten. Als wichtiges Mitglied des Widerstands war sie fur die Rettung von mehr als 1.080 Menschen verantwortlich, darunter 800 niederlandische Juden und mehr als 112 abgeschossene alliierte Piloten. Sie wurde von der Gestapo verhaftet und in ein Außenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbruck gebracht, wo sie wenige Tage nach der Befreiung des Lagers durch die Russen an Unterernahrung starb. Tineke Wibaut-Guilonard (1922–1996): engagierte sich als Schulerin im Widerstand, als ihre judischen Mitschuler das Amsterdamer Lyzeum verlassen mussten, suchte sie geeignete Verstecke fur Untergetauchte, besorgte Lebensmittelkarten sowie falsche Personalausweise und erledigte Auftrage fur die Widerstandsgruppe „CS-6“. Im September 1943 wurde sie gefasst und bei Kriegsende aus dem Außenlager Salzwedel des KZ Neuengamme befreit. Lydia Winkel (1913–1964): niederlandische Historikerin, die sich von 1941 bis 1942 fur das Untergrundblatt Vrij Nederland engagierte. Nach dem Krieg baute sie eine Sammlung niederlandischer illegaler Zeitschriften und Broschuren aus dem Zweiten Weltkrieg auf und recherchierte die Fakten uber die Ursprunge und die weitere Geschichte jeder Untergrundpublikation. 1954 wurden ihre Forschungen unter dem Titel The Underground Press 1940–1945 veroffentlicht. Es gilt als Standardhandbuch fur Fragen zur niederlandischen Untergrundpresse. Francien de Zeeuw (1922–2015): gab als Telefonistin Gesprache der Gestapo und des Sicherheitsdienstes uber bevorstehende Razzien und Uberfalle an den Widerstand weiter. Sie suchte Verstecke fur untergetauchte Personen und versorgte sie mit Essensmarken und gefalschten Ausweisen. = Agentinnen und Angehorige der niederlandischen Verwaltung, Regierung oder Streitkrafte = Corinne Marie Louise van Boetzelaer (1912–2011): Mitbegrunderin der „Marine Vrouwen Afdeling“ MARVA und erste weibliche Marineoffizierin in den Niederlanden. Sie grundete den „Bond van Nederlandsche Vrouwen in Groot-Brittannie“, um wahrend und nach dem Krieg humanitare Hilfe zu leisten. Jos Gemmeke (1922–2010): Widerstandskampferin und neben Konigin Wilhelmina die einzige Tragerin des Militar-Wilhelms-Ordens. Derkje Hazewinkel-Suringa (1889–1970): niederlandische Rechtswissenschaftlerin und Professorin fur Strafrecht und Strafprozessrecht an der Stadtischen Universitat Amsterdam. Sie warnte schon 1936 vor der Gefahr des Faschismus und des Nationalsozialismus, setzte sich fur die Aufnahme deutsch-judischer Kinder in den Niederlanden ein und protestierte gegen die Entlassung judischer Professoren. Sie wurde entlassen, nach dem Krieg aber wieder als Professorin eingesetzt. Dien Hoetink (1904–1945): Rechtsanwaltin, war wahrend des Krieges als Beamtin des Ministerie van Economische Zaken an der Organisation der Lebensmittelversorgung beteiligt. Sie grundete einen Personalfonds aus Beamten des Nationalamtes, um entlassene judische Kollegen und Mitarbeiter, die in Deutschland zur Zwangsarbeit gezwungen wurden, in finanzieller Hinsicht zu unterstutzen. Sie wurde verhaftet und starb im KZ Ravensbruck. Trix Terwindt (1911–1987): niederlandische Widerstandskampferin und Geheimagentin des britischen Geheimdienstes, die Fluchtwege im besetzten Europa organisierte, uber die abgeschossene RAF-Piloten nach England zuruckkehren konnten. Im „Englandspiel“ wurde sie im Februar 1943 verhaftet und 1945 aus dem KZ Mauthausen befreit. Annie van Velzen (1894–1967): gehorte zur Widerstandsgruppe innerhalb der Nimwegener Fursorgestelle Kinderpolitie. Sie wurde im September 1943 verhaftet und bei Kriegsende aus dem KZ Ravensbruck befreit. Konigin Wilhelmina (1880–1962): fluchtete kurz vor der Niederlage der niederlandischen Armee gegen die deutsche Wehrmacht und der deutschen Besetzung der Niederlande im Mai 1940 mit der Regierung nach London, wo sie die Niederlandische Exilregierung bildete und zur Symbolfigur des niederlandischen Widerstands wurde. = KZ-Personal, NSB-Mitglieder, Kollaborateurinnen, niederlandische Nationalsozialistinnen = Suze Arts (1916–1991): Geliebte des SS-Angehorigen Franz Ettlinger und Wachterin im KZ Herzogenbusch, die am Bunkerdrama von Vught beteiligt war. Stien van Bilderbeek (1887–1979): Mitglied der Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) und Sekretarin von deren Fuhrer Anton Mussert. Hilda Bongertman (1913–2004): populare niederlandische Flugbegleiterin und Schriftstellerin, die vor und wahrend des Zweiten Weltkriegs in der Nationaal-Socialistische Beweging aktiv war. Ans van Dijk (1905–1948): niederlandische Kollaborateurin im Zweiten Weltkrieg, die 145 Menschen, die meisten davon untergetauchte Juden, an die deutschen Besatzer verriet und dafur hingerichtet wurde. Elisabeth Keers-Laseur (1890–1997): fanatische niederlandische Nationalsozialistin, Mitglied der NSB und Antisemitin, die auch nach dem Krieg ihrer Uberzeugung anhing. Wahrend der Besatzungszeit leitete sie einige Zeit den Nationalsozialistischen Frauenbund (NSVO). Julia op ten Noort (1910–1996): niederlandische nationalsozialistische politische Aktivistin, Mitglied der NSB und ab 1938 am Aufbau der NSVO beteiligt. Sie wurde nach dem Krieg verurteilt, Anfang 1949 vorzeitig entlassen und lebte dann in Deutschland. Miep Oranje (1923–1944): niederlandische Widerstandskampferin, die nach ihrer Verhaftung 1944 als V-Person tatig war. Sie wurde spater als „Kurierin des Todes“ bezeichnet, verschwand 1945 spurlos und wurde 1962 fur tot erklart. Florentine Rost van Tonningen (1914–2007): rechtsextreme niederlandische Aktivistin und eine Leitfigur der Rechtsradikalen und Revisionisten Europas. Sie wurde wegen Kollaboration angeklagt und zu einer mehrjahrigen Haftstrafe verurteilt. Bis zu ihrem Tod hielt sie an der NS-Ideologie fest. Adriana Valkenburg (1894–1968): niederlandische Kollaborateurin, die 1942 gegen eine finanzielle Entschadigung Juden bei sich versteckte. Nachdem sie 1943 deshalb verhaftet worden war, begann sie als V-Person fur die Besatzer zu arbeiten und judische Untergetauchte zu verraten. Literatur Els Kloek, Maarten Hell, Marjan Schwegman: 101 Vrouwen en de oorlog. Stichting 1001-Vrouwen, Uitgeverij Vantilt (Hrsg.), Amsterdam / Nijmegen 2016, ISBN 978-94-6004-279-9 (niederlandisch) Einzelnachweise
101 Vrouwen en de oorlog (dt.: 101 Frauen und der Krieg) ist der Titel eines Buches der Historikerin und Schriftstellerin Els Kloek mit 101 Biografien von Frauen, die im Zweiten Weltkrieg im Kontext der niederlandischen Geschichte eine Rolle spielten.
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Genia Nobel (Eugenia Schmerling, auch als Eugenie Schmerling und Eugenie Nobel bekannt, geboren am 13. Dezember 1912 in Moskau; gestorben am 7. August 1999 in Berlin) war eine deutsche judische Widerstandskampferin und Kommunistin. Nach Verbußung einer Zuchthausstrafe wegen ihrer antifaschistischen Aktivitaten floh sie nach Shanghai und arbeitete dort fur den sowjetischen Rundfunksender TASS. Spater war sie in der DDR eine wichtige Redakteurin fur internationale Themen und erhielt den Orden Stern der Volkerfreundschaft. Leben in Deutschland Genia Nobel, geborene Schmerling, wurde 1912 in Moskau als Kind einer wohlhabenden russisch-judischen Familie geboren. Ihr alterer Bruder war Grigory Schmerling (geb. 14. November 1909 in Moskau, gest. 1997 in Croydon). Ihr Vater Boris Berka Schmerling (geb. 16. Juni 1879, gest. 1956 Streatham) war Chemiker. Uber ihre Mutter Rosa, geborene Ponosowsky (geb. 6. August 1880, gest. 4. Oktober 1920 Neuilly-sur-Seine), ist kaum etwas bekannt. Nach der Oktoberrevolution 1917 musste die Familie Moskau verlassen und floh, nach einer kurzen Ubergangszeit in der Turkei, weiter nach Paris, wo Genia ab 1918 die Grundschule besuchte. 1920 starb Genias Mutter. 1923 siedelte ihr Vater mit Genia und ihrem alteren Bruder Georg nach Berlin um. Genia besuchte ein konservatives Madchengymnasium, ihr Freundeskreis bestand jedoch aus sozialistischen, anarchistischen und kommunistischen jungen Menschen. Sie selbst engagierte sich in einer sozialistischen Schulergruppe. Im Alter von 19 Jahren trat sie in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein. 1931 begann sie ihr Studium in Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an der Berliner Universitat. Dort lernte sie ihren spateren Ehemann Gunter Nobel kennen, der ebenfalls judischer Herkunft war und ahnliche politische Ansichten vertrat. Enttauscht von der Politik der SPD, die in ihren Augen zu zahm war, traten beide 1932 in die radikalere Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) und kurz darauf in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein, die bis dahin noch legal war. Als die NSDAP und mit ihr der Antisemitismus an die Macht kamen, mussten beide 1933 das Studium abbrechen, nicht zuletzt, weil sie wegen ihrer judischen Herkunft von nationalsozialistischen Kommilitonen drangsaliert und bedroht wurden. Genia nahm eine Arbeit als Sekretarin auf, um den Lebensunterhalt zu sichern. Im Gegensatz zu Gunters Brudern, die das Land im selben Jahr verließen, beschloss Genia, gemeinsam mit Gunter in Deutschland zu bleiben und in den Widerstand zu gehen. Fur die seit 1933 von der NSDAP verbotene KPD in Berlin-Charlottenburg produzierte Genia in ihrer Wohnung die illegale KPD-Zeitung Die Rote Fahne und verbreitete sie uber Kontaktpersonen in Betrieben. Im Februar 1934 wurde Genia Schmerling zum ersten Mal von der Gestapo verhaftet, weil ein Untermieter sie wegen des Besitzes des sogenannten Braunbuchs, das nationalsozialistische Verbrechen auflistete, denunziert hatte. Sie schaffte es, das verbotene Buch rechtzeitig aus dem Fenster zu werfen, und wurde nach drei Wochen mangels Beweisen freigelassen. Ihr besorgter Vater stellte seine Tochter ab sofort unter Hausarrest. Um dem zu entkommen, heiratete sie noch im selben Jahr ihren Freund Gunter Nobel. Sie lehnte eine Hochzeit nach judischem Ritus ab, obwohl Gunters Eltern sie dazu drangten. Zwei Jahre spater, am 28. Juli 1936, wurden Genia und Gunter Nobel in ihrer Wohnung in Berlin-Wilmersdorf von der Gestapo erneut verhaftet. Zwei festgenommene Untergrundkuriere hatten die KPD-Tatigkeit des Paares an die Gestapo verraten. Die Zeit der Untersuchungshaft bis zum Dezember 1937 verbrachte Genia im Frauengefangnis Barnimstraße, wo sie Kontakt zu anderen politischen Gefangenen aufnahm. Es gelang ihr, Papier ins Gefangnis einzuschmuggeln und einen Aufruf zum Widerstand unter den Gefangenen zu verbreiten. Unter der Anklage „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilte das Kammergericht Berlin-Moabit Genia und Gunter Nobel zu einer Zuchthausstrafe von drei Jahren. Genia wurde in der Frauen-Strafanstalt Lubeck-Lauerhof inhaftiert und 1938 in das beruchtigte Frauenzuchthaus Jauer in Niederschlesien uberstellt. Wahrend der Haftzeit 1936–1939 schrieben sich Genia und Gunter Nobel 49 Briefe. Ihre Korrespondenz aus dem Zuchthausalltag ist erhalten geblieben und in der Gedenkstatte Deutscher Widerstand veroffentlicht. Im Shanghaier Ghetto Nach Verbußung ihrer Zuchthausstrafe wurden Genia und Gunter Nobel 1939 unter der Auflage freigelassen, Deutschland unverzuglich zu verlassen. Mit ihren geringen Ersparnissen flohen sie nach Shanghai in China. In der offenen Freihafenstadt herrschte kein Visumszwang, daher war sie der letztmogliche Zufluchtsort fur Fluchtlinge ohne Geld und ohne internationale Beziehungen. Das Ehepaar Nobel gehorte zu insgesamt 20.000 judischen Menschen, die in den 1930er Jahren nach Shanghai flohen. Das Paar lebte in Hongkou, einem armen Viertel im Osten Shanghais, das durch japanische Angriffe im Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg stark zerstort worden war. Infolge der Japanischen Invasion war die Stadt zudem uberfullt von Millionen gefluchteter Chinesen. Wie die meisten Fluchtlinge waren Genia und Gunter Nobel arm. Sie litten unter gesundheitlichen Problemen im subtropischen Klima und unter den Lebensbedingungen in Shanghai. Genia Nobel beschrieb spater die Wohnverhaltnisse als beengt und uberfullt, die Versorgung als knapp und die sanitaren Bedingungen als katastrophal. Zudem forderten Epidemien wie Typhus, Ruhr, Tuberkulose und Meningitis unter der hungernden Bevolkerung zahlreiche Opfer. Trotz allem war das Shanghaier Ghetto nicht mit den nationalsozialistischen Ghettos in Europa wahrend des Zweiten Weltkriegs vergleichbar. Die Fluchtlinge konnten Passierscheine bekommen und einer Arbeit nachgehen. Auch Chinesen lebten im Ghetto und diesen chinesischen Kriegsfluchtlingen ging es noch schlechter als den europaischen. Sie lebten zusammengepfercht in provisorischen Unterkunften oder auf der Straße, oft ohne ausreichende Nahrung und Wasser. Genia Nobel arbeitete in Shanghai zunachst als Ubersetzerin und Sekretarin fur verschiedene Arbeitgeber, darunter die US-Armee. Gunter Nobel war ebenfalls fur die US-Armee als Mechaniker fur Fahrzeugwartung tatig. Als der NS-Staat im November 1941 emigrierten Juden die deutsche Staatsangehorigkeit entzog, wurden die judischen Fluchtlinge in Shanghai staatenlos. Die Japaner lieferten die Staatenlosen zwar nicht an die deutsche Regierung aus, doch sie verhangten harte und willkurliche Bedingungen fur den Zutritt oder das Verlassen des Ghettos fur Judinnen und Juden, wahrend nicht-judische Deutsche sich weiterhin frei bewegen konnten. Auch das Ehepaar Nobel wurde Ende 1943 in das von Japan verwaltete Ghetto fur „Staatenlose“ umgesiedelt. Politische Arbeit und die TASS Kurz nach ihrer Ankunft in Shanghai schlossen sich Genia und Gunter Nobel einer kommunistischen Gruppe an, die von Johannes Konig, dem spateren Botschafter der DDR in der Volksrepublik (VR) China, geleitet wurde. Die Gruppe hatte keinen Kontakt zur KPD-Fuhrung, wurde jedoch von der Partei ruckwirkend anerkannt. Fur eine spatere politische Karriere in der sowjetisch besetzten Zone war eine ununterbrochene Parteimitgliedschaft und die Kenntnis der sowjetischen Ideologie unerlasslich. Zwischen 1941 und 1947 gehorte Genia Nobel zu den KPD-Mitgliedern, die das deutschsprachige Programm fur den von der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS betriebenen Kurzwellenradiosender XRVN gestalteten. Bis 1944 sendete der Sender Nachrichten und antifaschistische Propaganda. Nobel erstellte taglich eine 15-minutige Nachrichtensendung, die sie redigierte und ubersetzte. 1943 gehorte XRVN zu den ersten Sendern in Shanghai, die uber den Sturz Mussolinis berichteten. Da die meisten Gefluchteten in Shanghai keine Kommunisten waren, entfremdete ihre politische Arbeit das Ehepaar von der judischen Gemeinschaft und sie lebten eher isoliert. Zudem galt ihre kommunistische Gruppe wahrend der Zeit der chinesischen Nationalisten wie spater bei den Japanern als illegal. Die Sowjets konnten den TASS-Sender nur so lange betreiben, bis die Japaner seine Arbeit einschrankten und ihn 1944 ganz abschalteten. Repatriierung nach Kriegsende Mit der Kapitulation Japans im Jahr 1945 wurde das Shanghaier Ghetto von den amerikanischen Streitkraften befreit. Die materiellen Bedingungen verbesserten sich, es gab mehr Arbeitsmoglichkeiten und fur die KPD-Gruppe wurden die Treffen leichter. Doch die staatenlosen Fluchtlinge in Shanghai waren mit dem Dilemma konfrontiert, China ohne Pass nicht mehr verlassen zu konnen. Genia Nobel grundete daraufhin die Vereinigung der demokratischen Deutschen in Schanghai, um nicht-faschistischen Fluchtlingen zu helfen, nach Deutschland zuruckzukehren. Insbesondere setzte sich bei der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) dafur ein, dass die Ghettobewohner einen Status als Displaced Persons erhielten. Staatenlose Fluchtlinge konnten nun in die Kategorie „Verfolgte“ eingestuft werden und dadurch Hilfe beanspruchen. Genia Nobel unterstutzte nicht nur bei burokratischen Aufgaben, sondern half auch bei der praktischen Organisation der Ruckkehr, die sich oft uber Monate hinzog. Am 25. Juli 1947, zwei Jahre nach Kriegsende, bestiegen endlich deutsche judische Fluchtlinge, darunter Genia und Gunter Nobel, die Marine Lynx, ein amerikanisches Truppentransportschiff. In Neapel gingen sie von Bord und setzten ihre Reise mit der Bahn fort. Etwa 500 Menschen kehrten nach Deutschland, 144 nach Osterreich zuruck. Berufliche Karriere in der DDR Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland vom Alliierten Kontrollrat in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden. In der Sowjetisch besetzten Zone war durch die Vereinigung von SPD und KPD die Sozialistische Einheitspartei (SED) entstanden, die zur Regierungspartei Ostdeutschlands und spater der DDR wurde. Als uberzeugte Kommunisten wollten Genia und Gunter Nobel zum Aufbau des Sozialismus in Deutschland beitragen. Sie gingen daher freiwillig in die sogenannte Ostzone und meldeten sich auf der Suche nach Arbeit in der Berliner SED-Zentrale. Genia Nobel arbeitete zunachst fur den neuen Berliner Stadtrat. Danach wurde sie Redakteurin fur das Neue Deutschland, die offizielle Parteizeitung der SED. Spater ubernahm sie eine politische Funktion als Redakteurin bei der Zeitschrift Einheit, dem Zentralorgan zur Darstellung der Politik und Ideologie der SED. Gunter Nobel wurde von einem Freund beim Landesvorstand der SED in der Sektion Wirtschaft angestellt. Genia und Gunter Nobel hatten ihre fruhere Tatigkeit fur die US-Armee in Schanghai nie verheimlicht. Doch der Ostblock war in den spaten 1940er und fruhen 1950er Jahren beherrscht von dem Misstrauen des KPDSU-Fuhrers Josef Stalin gegenuber vermeintlichen Verratern und West-Spionen. Wer einige Zeit in kapitalistischen Landern verbracht hatte, wurde als „West-Emigrant“ abgestempelt. Juden gerieten dabei unter Generalverdacht, weil man sie als „wurzellose Kosmopoliten“ diffamierte – ein antisemitisches Stereotyp. Auch Gunter Nobel musste sich am 29. Januar 1953 einem Uberprufungsverfahren als „Westemigrant“ unterziehen. Das Verhor war Teil einer stalinistischen antisemitischen Kampagne, die sich auf ganz Osteuropa ausgeweitet hatte. Die Verhorfragen zeigten, dass die SED uber die Situation der Juden in der Nazizeit wenig informiert war. So wurde Nobel unter anderem gefragt, warum er nach Shanghai emigriert sei, statt in Deutschland zu bleiben und gegen die Nazis zu kampfen. Nach dem Verhor wurde Gunter Nobel in die Kulturarbeit versetzt. Er trat in den diplomatischen Dienst ein und leitete die Handelsdelegation der DDR in Schweden. Fur ihn bedeutete das eine Degradierung, weg von der politisch bedeutsameren Arbeit im Inland. Auch Genia Nobel wurde uberpruft, jedoch nicht degradiert, obwohl sie als Sekretarin der US-Armee der befurchteten kapitalistischen „ideologischen Verseuchung“ starker ausgesetzt gewesen war als ihr Mann. In den Folgejahren stieg sie beruflich auf. Als Redakteurin des Zentralorgans der SED verfasste sie richtungweisende Artikel und Aufsatze, haufig mit internationalem Bezug, da sie wegen ihrer China-Erfahrung als Expertin fur die Beziehung zwischen der DDR und der Volksrepublik China (VR China) galt. Doch erst Jahrzehnte spater berichteten Genia und Gunter Nobel offentlich uber ihre Shanghai-Zeit. Damit brachen sie das 25-jahrige Schweigen uber ihre Flucht, ein Thema, das bis dahin als politisch heikel gegolten hatte. Spateres Verhaltnis zu China In ihren Texten und Leitartikeln analysierte und kommentierte Genia Nobel den jeweiligen Stand der DDR-Politik gegenuber China. In der Phase freundschaftlicher Beziehungen im Jahr 1957 verteidigte sie in der Zeitschrift Einheit trotz aller kritischen Aspekte die Anti-Rechts-Bewegung der VR China. Als sich die chinesisch-sowjetischen Beziehungen in den spaten 1950er Jahren verschlechterten und es zum Bruch in der internationalen kommunistischen Bewegung kam, warf sie 1964 der VR China „Großmachtchauvinismus“ vor. Nach Mao Zedongs Tod im Jahr 1976 entspannten sich die Beziehungen zwischen der DDR und der VR China allmahlich. In dieser Zeit brach Genia Nobel ihr langes Schweigen uber ihre Erfahrungen als Fluchtling. Zwischen 1976 und 1979 schrieb sie zwei kurze Texte uber ihre Zeit in Shanghai. Dabei konzentrierte sie sich auf den antifaschistischen Widerstand und nahm nur wenig Bezug auf die chinesische Politik oder Kultur, weil das Thema China in der DDR immer noch als politisch heikel galt. In ihren Erzahlungen kritisierten die Nobels unter anderem „zionistische Tendenzen“ unter den Shanghai-Fluchtlingen und berichteten, es habe in Shanghai sogar „zionistisch-faschistische Organisationen“ gegeben. Solche Aussagen spiegelten die Anti-Israel-Stimmung wider, die in der SED Ende der 1970er Jahre vorherrschte. Der Prozess von ‚Reform und Offnung‘ in China markierte den Beginn des Ubergangs in Chinas Entwicklung von einem Außenseiter zu einem Teil des bestehenden internationalen Systems. Das fuhrte zu besseren Beziehungen zwischen der DDR und der VR China. Ende der 1980er Jahre engagierte sich Genia Nobel wieder starker in Organisationen wie dem Freundschaftskomitee DDR-China und der China-Forschungsabteilung des Instituts fur Internationale Arbeiterbewegung des Zentralkomitees der SED. 1977 verlieh die SED Genia Nobel fur ihre Verdienste den Orden Stern der Volkerfreundschaft in Silber. Von 1969 bis 1971 lebte Genia Nobel mit ihrem Mann Gunter in Stockholm, Schweden. 1980 ging sie in Rente. Leben nach 1989 Nach dem Mauerfall 1989 ruckten die Erfahrungen der Shanghai-Ruckkehrer zunehmend in den Fokus der offentlichen Aufmerksamkeit, und Genia und Gunter Nobel wurden als Zeitzeugen fur Ausstellungen und historische Forschungen interviewt. Dabei ging es meist um das Holocaust-Gedenken oder um Burgerbeteiligung und Zivilcourage im wiedervereinigten Deutschland. Zur Erinnerung an die rund 17.000 Deutschen, die vor den Nazis nach Shanghai geflohen waren, aber nur zu einem Bruchteil nach Berlin zuruckkehrten, errichtete der Berliner Senat 1997 am Gorlitzer Bahnhof eine Gedenktafel. Genia Nobel starb am 7. August 1999 im Alter von 86 Jahren. Ein Roman von Ursula Krechel aus dem Jahr 2008 (Shanghai fern von wo) dramatisiert die Erfahrungen von Genia und Gunter Nobel. Literatur Mario Keßler: Westemigranten. Deutsche Kommunisten zwischen USA-Exil und DDR. (=Zeithistorische Studien, Band 60) Bohlau & Koln 2019, ISBN 978-3-412-50044-3. Rana Mitter: Imperialism, Transnationalism, and the Reconstruction of Post-War China: UNRRA in China, 1944-7. In: Past & Present 218, Heft 8 (Januar 1, 2013), S. 51–69. R. Keith Schoppa: In a Sea of Bitterness. Refugees during the Sino-Japanese War, Harvard University Press, Cambridge (MA) 2011. Ben Shephard: The Long Road Home. The Aftermath of the Second World War, Anchor Books, New York 2012. Einzelnachweise
Genia Nobel (Eugenia Schmerling, auch als Eugenie Schmerling und Eugenie Nobel bekannt, geboren am 13. Dezember 1912 in Moskau; gestorben am 7. August 1999 in Berlin) war eine deutsche judische Widerstandskampferin und Kommunistin. Nach Verbußung einer Zuchthausstrafe wegen ihrer antifaschistischen Aktivitaten floh sie nach Shanghai und arbeitete dort fur den sowjetischen Rundfunksender TASS. Spater war sie in der DDR eine wichtige Redakteurin fur internationale Themen und erhielt den Orden Stern der Volkerfreundschaft.
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Gustawa Jarecka (geboren 23. Dezember 1908 in Kalisz, Russisches Kaiserreich; gestorben 22. oder 23. Januar 1943 bei der Deportation in das Vernichtungslager Treblinka) war eine polnische judische Schriftstellerin. Als Schreibkraft des Judenrats im Warschauer Ghetto kopierte sie heimlich Protokolle und Schriftverkehr der deutschen Besatzer, schmuggelte Dokumente fur das Untergrundarchiv Oneg Schabbat und verfasste Berichte fur den Widerstand. Kindheit und Jugend Gustawa Jarecka wurde als Tochter des Kaufmanns Moszek Jarecki aus Zagorow und Natalia Jarecka (geb. Wit) aus Posen geboren. Sie hatte zwei altere Geschwister, Irena (geb. 1899) und Albert (geb. 1902). Die Familie lebte in Łodz in der Piotrkowska-Straße 90. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums Stanisława Rajska in Łodz studierte sie ab 1925 Philologie an der Universitat Warschau. Ihr Studium finanzierte sie durch Nachhilfeunterricht und schloss es am 24. Februar 1931 mit einem Magistertitel ab. Nach einer nur kurz dauernden Ehe kam 1931 ihr Sohn Marek zur Welt. Sie zog ihn alleine groß, ebenso ihren 1939 geborenen zweiten Sohn Karol. Zu ihrer Zeit brauchte es viel Mut, trotz traditioneller Familienmoral und in Armut als alleinerziehende Mutter zu leben. Literarische Tatigkeit Nach dem Studium begann Gustawa Jarecka ihre schriftstellerische Laufbahn. 1932 erschien ihr Debutroman Inni ludzie (Andere Menschen). Jareckas Erzahlungen wurden in verschiedenen Zeitschriften wie Głos Poranny, Dziennik Ludowy, Gornik, Mysl Socjalistyczna und Nowa Kwadryga veroffentlicht. Ihre Werke zeichneten sich durch sozialkritische Themen aus, wobei sie gesellschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit und Armut aufgriff und judische Anliegen eher vermied. Obwohl sie sich zum Judentum bekannte, war sie eher sozialistisch orientiert und veroffentlichte haufig in linksgerichteten Zeitschriften. In den Folgejahren veroffentlichte sie weitere Romane wie Stare grzechy (Alte Sunden, 1934); Przed jutrem (Vor dem Morgen, 1936) sowie den zweibandigen Roman Ludzie i sztandary (Von Menschen und Fahnen). Um den Lebensunterhalt fur sich und ihre Kinder zu sichern, arbeitete Jarecka parallel als Polnischlehrerin in Wabrzezno. Die Stadt beschrieb sie auch in ihrem Kinderbuch Szosty Oddział jedzie w swiat (Der sechste Bezirk zieht in die Welt hinaus), das sie 1935/1936 verfasste. Zusatzlich war sie als Ubersetzerin tatig; unter anderem soll sie den Roman Nachtflug von Antoine de Saint-Exupery ins Polnische ubertragen haben. Widerstandsaktivitaten Nach dem Uberfall auf Polen 1939 durch die Deutsche Wehrmacht wurde Gustawa Jarecka – wie alle judischen Menschen in Warschau – von den Besatzern gezwungen, in das abgeriegelte Warschauer Ghetto umzuziehen. Zwar hatte sie die Moglichkeit gehabt, mit Unterstutzung polnischer Freunde illegal auf der „arischen Seite“ zu leben, doch sie entschied sich, zusammen mit ihren Kindern ins Ghetto zu gehen. Dank ihrer guten Deutsch- und Polnischkenntnisse erhielt sie 1940 eine Anstellung als Telefonistin und Schreibkraft beim Judenrat im Ghetto. Die von der SS eingesetzten Judenrate hatten keine eigene Macht, sondern lediglich die Aufgabe, die Anordnungen der Besatzer umzusetzen. Zu Jareckas Arbeitskollegen zahlte damals der deutsche Schriftsteller Marcel Reich-Ranicki, der uberlebte und Jarecka in seiner Biografie mehrfach erwahnte. Gustawa Jarecka nutzte die Buroarbeit beim Judenrat, um wichtige Informationen aus dem Sekretariat, darunter die Ankundigung von Deportationen seitens der Besatzer, an den Widerstand weiterzugeben. Sie war Mitglied der Untergrundorganisation Oneg Shabbat („Freude am Sabbat“), das waren etwa 70–80 Personen unterschiedlicher politischer und religioser Ausrichtungen, die unter Lebensgefahr die Verbrechen der Nationalsozialisten fur die Weltoffentlichkeit und fur die Nachwelt dokumentierten. Dank des Archivs, das spater als Ringelblum-Archiv bekannt wurde und heute zum UNESCO-Weltdokumentenerbe gehort, blieben ungefahr 25.000 Dokumente uber die NS-Verbrechen fur die Nachwelt erhalten. Uber die Bedeutung ihrer Arbeit schrieb Jarecka:„All diese Dokumente und Aufzeichnungen sind Uberbleibsel, die den Indizien in einer Kriminalgeschichte ahneln. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit an einen Roman von Conan Doyle, in dem das sterbende Opfer mit zitternder Hand ein Wort an die Wand schreibt, das den Beweis fur die Schuld des Taters liefert. Dieses Wort, hingekritzelt von dem sterbenden Mann, hat mich gepragt. [...] Wir hinterlegen jetzt das Beweismaterial fur die Verbrechen.“ Dokumente der Vernichtung Jareckas Beitrage zum Untergrundarchiv waren fur den judischen Widerstand von großer Bedeutung, weil sie Zugang zu wichtigen Informationen hatte, die sie unter Lebensgefahr dokumentierte und weitergab. Auf Bitte von Emanuel Ringelblum, dem Grunder des Archivs, verfasste sie auch selbst Berichte uber die Situation im Ghetto. In einem Text vom Herbst 1942 schrieb sie uber die Statistiken, die sie fur den Judenrat anfertigen musste: „Ich verzeichne die Zahlen, und hinter den Zahlen taucht unwiderruflich das Bild der Straße auf, wie sie einmal war; tauchen Menschen auf, die nicht mehr da sind; so unerhorte Geschehnisse, dass man sie festhalt, um sich selbst davon zu uberzeugen, dass sie nicht ein Traum waren.“Am 22. Juli 1942 mussten Gustawa Jarecka und Marcel Reich-Ranicki eine grausame Anordnung der SS mitstenografieren. In einem Sitzungsprotokoll erteilten SS-Sturmbannfuhrer Hermann Hofle und andere SS-Offiziere dem Judenrat den Befehl, taglich 6.000 judische Menschen zur „Umsiedlung in den Osten“ zusammenzustellen, wie es in der Anordnung beschonigend hieß. Tatsachlich handelte es sich dabei um die Deportation der Ghettobevolkerung in Vernichtungslager und die endgultige Auflosung des Warschauer Ghettos, im SS-Geheimcode „Aktion Reinhardt“ oder auch „Große Aktion“ genannt. Nur die von der SS benotigten Hilfskrafte wie beispielsweise die Angestellten des Judenrats sollten in Warschau bleiben. Der Vorsitzende des Judenrats, Adam Czerniakow, beging daraufhin Suizid. Gustawa Jarecka soll Reich-Ranicki daraufhin geraten haben, seine Verlobte schnellstens zu heiraten, um sie vor dem Abtransport zu bewahren. Jarecka selbst uberlebte die Deportationen im Sommer 1942 nur wegen ihrer Tatigkeit fur den Judenrat. Ein anonymer Bericht mit dem Titel Die letzte Phase der Umsiedlung ist der Tod vom September 1942 wird Jarecka zugeschrieben. Der Text zielte darauf ab, die Weltoffentlichkeit uber die katastrophale Lage im Warschauer Ghetto und uber die systematische Vernichtung der judischen Bevolkerung in Kenntnis zu setzen. Verfasst ist er in einer Mischung aus dokumentarisch-sachlicher und emotionaler Sprache; mitten im Satz reißt er ab. Das vierseitige Dokument erreichte die Polnische Exilregierung in London am 15. November 1942. Darin heißt es unter anderem:„Diese Aufzeichnungen entstehen aus dem instinktiven Drang, eine Spur zu hinterlassen, aus der Verzweiflung, die einen zuweilen schreien lassen will, aus dem Willen, sein Leben zu rechtfertigen, das in todlicher Unsicherheit weiter andauert. Wir haben den Hals in der Schlinge, und wenn der Druck einen Moment nachlasst, drangt sich ein Schrei heraus. […] Wir sammeln Schuldbeweise, die fur uns selbst nutzlos sind. Diese Beweise sollten wie ein Stein ins Raderwerk der Geschichte fallen, um es zum Stillstand zu bringen. In diesem Stein steckt die ganze Last unserer Erfahrung, die den tiefsten Punkt menschlicher Grausamkeit erlebt hat. In ihm steckt die Erinnerung an Mutter, die vor Kummer wahnsinnig wurden, nachdem sie ihre Kinder verloren haben; die Erinnerung an die Schreie der Kinder, die ohne Mantel, in Sommerkleidung und barfuß auf dem Weg zum Tod getragen wurden oder weinend mitliefen, ohne zu verstehen, welches Grauen ihnen widerfuhr; die Erinnerung an die Verzweiflung betagter Mutter und Vater, die von ihren erwachsenen Kindern im Stich gelassen werden mussten; und das versteinerte Schweigen einer toten Stadt, als das Urteil uber dreihunderttausend Menschen vollstreckt wurde.“ Gustawa Jarecka starb am 22. oder 23. Januar 1943, als sie mit ihren Kindern in das Vernichtungslager Treblinka deportiert wurde. Sie soll in einem uberfullten Viehwagen erstickt sein. Romane Inni ludzie (Andere Menschen, 1931) Stare grzechy (Alte Sunden, 1934) Przed jutrem (Vor dem Morgen, 1936) Ludzie i sztandary (Von Menschen und Fahnen) mit Band 1: Ojcowie (Vater, 1938) und Band 2: Zwycieskie pokolenie (Die siegreiche Generation, 1939) Literatur Ulla-Britta Vollhardt; Mirjam Zadoff (Hrsg.): Wichtiger als unser Leben. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos. Wallstein-Verlag fur das NS-Dokumentationszentrum Munchen 2023, ISBN 978-3-8353-5492-0. Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben. Deutsche Verlags-Anstalt, 2013, ISBN 978-3-421-05149-3. Ruta Sakowska: Die zweite Etappe ist der Tod. NS-Ausrottungspolitik gegen die polnischen Juden, gesehen mit den Augen der Opfer. Ein historischer Essay und ausgewahlte Dokumente aus dem Ringelblum-Archiv 1941–1943. Hentrich, Berlin 1993, ISBN 3-89468-077-6. Weblinks Gustawa Jarecka - Inni ludzie (PDF, 79 MB, polnisch) Werke von Gustawa Jarecka auf Polona Shades of Heroism: Women in the Holocaust: Gustawa Jarecka auf youtube Einzelnachweise
Gustawa Jarecka (geboren 23. Dezember 1908 in Kalisz, Russisches Kaiserreich; gestorben 22. oder 23. Januar 1943 bei der Deportation in das Vernichtungslager Treblinka) war eine polnische judische Schriftstellerin. Als Schreibkraft des Judenrats im Warschauer Ghetto kopierte sie heimlich Protokolle und Schriftverkehr der deutschen Besatzer, schmuggelte Dokumente fur das Untergrundarchiv Oneg Schabbat und verfasste Berichte fur den Widerstand.
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Silvio Stampiglia (auch Animoso und Palemone Licurio; * 14. Marz 1664 in Civita Lavinia; † 26. Januar 1725 in Neapel) war ein italienischer Dichter und Librettist. Als Mitbegrunder der Accademia dell’Arcadia wird ihm damit auch die Entwicklung der Opera seria mit zugeschrieben. Seine großten Erfolge sind Camilla in ihren verschiedenen Versionen, weitere Bearbeitungen von Texten von Nicolo Minato wie zum Beispiel Serse, 1738 vertont von Georg Friedrich Handel, und La Partenope, das unter anderem 1711 in Mexiko zu Musik Manuel de Sumayas eine Erstauffuhrung in Amerika hatte und 1730 in London zu Musik von Handel gespielt wurde. Leben = Ausbildung = Silvio Stampiglia entstammte einer wohlhabenden Familie, auch wenn der Beruf seines Vaters Don Andrea mit „Kohlenhandler“ angegeben wird. Seine Mutter war Plautilla Cennami, Tochter des Giuseppe Cennami. Seine altere Schwester Agnese (* 21. Oktober 1662) heiratete Don Paolo Sarnani aus Ariccia. Neben vielen Besitztumern in Rom besaß sein Vater Andrea einen Bauernhof und ein Haus in Civita, das er von den Feudalherren der Familie Cesarini gepachtet hatte. Dort wurde Silvio geboren. Seine Mutter Plautilla gehorte zur Familie des Komponisten Pietro Antonio Cennami, der in den Jahren 1695 bis 1698 vier Oratorien komponierte. Ab 1674 trat er in das romische Collegio Nazareno ein, wo er den Namen Animoso annahm, Mitglied der Accademia degli Incolti und 1678 ihr „Vorsteher“ wurde. Sein Onkel Servilio, Erzpriester an der Stiftskirche Santa Maria Maggiore – wo er getauft worden war –, bestimmte ihn fur ein Studium der Rechtswissenschaften. So verließ er gegen seinen Willen die Nazarener. Wenig spater gab er diese Jura-Vorlesungen auf und ging zu dem Mathematiker Giordano Vitale (1633–1711), der vor allem fur sein Theorem zum Saccheri-Viereck bekannt wurde. Doch auch dort hielt es ihn nicht lange und er begann, sich mit Poesie zu beschaftigen. = Berufliche Karriere = Sein Großonkel mutterlicherseits, Rocco Jacomini, Gentiluomo di Sua Santita bei Lorenzo Onofrio Colonna (1637–1689), hatte ihn zuvor schon zu Auffuhrungen im Teatro Contestabile Colonna mitgenommen und spielte dort bald selbst auch mit. „Im Alter von 17 Jahren begann er, einige Oratorien und Serenaden aufzufuhren.“ 1683 erschien eine seiner Sonetten in Maria Antonia Scalera Stellinis tragikomischer Oper Il Coraspe redivino. Stellini konnte erwirken, Silvio durch die Aufnahme in die Accademia degli Sfaccendati zu fordern. Bald arbeitete er fur die Herzoge von Paliano, Mitglieder der Familie Colonna. Ein von ihm komponiertes Geburtstagsstandchen fur die Braut des Kronprinzen Philippo, die spanische Adelige Lorenza de la Cerda y Aragon, das im August 1683 im Palazzo Colonna vorgetragen werden sollte, kam wegen der Zweiten Turkenbelagerung von Wien nicht zur Auffuhrung. Neue Moglichkeiten eroffneten sich durch Lorenzas Bruder, Luis de la Cerda y Aragon (1660–1711), einen großen Liebhaber des Theaters und der Musik, der im Juli 1687 als Botschafter in Rom eintraf. In diesem gunstigen Klima entstand Stampiglias erstes wichtiges Werk, das Oratorium Santo Stefano primo re dell’Ungheria, auch Oratorio dei Filippini. 1712 verfasste Antonio Caldara unter dem gleichen Titel ein Oratorium nicht geistlichen, sondern politischen Inhalts, das die Eindrucke des Spanischen Erbfolgekriegs verarbeitete und von Alessandro Scarlatti vertont wurde. Stampiglias Werk war Furst Livio Odescalchi (1652–1713), dem Neffen von Innozenz XI., gewidmet und wurde am 9. Marz 1687 zu Musik von Flavio Lanciani (1761–1706) uraufgefuhrt. Das Oratorium huldigte dem Herrscher, der Ungarn wieder der Katholischen Kirche zugefuhrt hatte, und wurde fur Stampiglia zur Eintrittskarte in die romische Bruderschaft Stimmate di San Francesco, in die er am 1. August 1688 aufgenommen wurde. Die Grundung der Accademia dell’Arcadia am 5. Oktober 1690 geht mit auf seine Initiative zuruck – entsprechend gehorte er auch zu den Grundungsmitgliedern – und resultiert aus dem Zusammenschluss mehrerer Kunstler, zu denen auch die Literaten Giovanni Mario Crescimbeni, Giambattista Felice Zappi, Vincenzo Leonio, Pompeo Figari und Giovanni Vincenzo Gravina gehorten, die sich zuvor schon zur Accademia degli Infecondi zusammengeschlossen hatten. Dort firmierte er unter dem Namen Palemone Licurio. Am 20. Nai 1696 hielt er eine feierliche Rede bei der Generalversammlung uber die „Gesetze“, die in den Farnesischen Garten auf dem Palatin stattfand. 1690 erhielt Stampiglia von Kardinal Pietro Ottoboni, einem Urenkel von Alexander VIII., den Auftrag fur einen Text einer Kantate, die zu der Musik von Flavio Lanciani im Vatikan vor dem Papst und den Kardinalen zur Auffuhrung kam. Weitere Konzerte folgten 1701 in Rom und Florenz. Zwei Jahre spater schrieb er zur Hochzeit von Margherita Farnese (1664–1718) mit Francesco II. d’Este Il fortunato oratorio Il martirio di S. Adriano, zu dem Francesco Antonio Pistocchi die Musik lieferte. Zwar wird in dem ursprunglichen Libretto Stampiglias Name nicht aufgefuhrt, doch wurde er auf der venezianischen Ausgabe von 1699 abgedruckt, was die Vermutung zulasst, dass sich das Ansehen von Stampiglia in der Zwischenzeit weiter verfestigt hatte. Dies wird durch die Biografische Lobrede Pier Caterino Zenos von 1733 bestatigt, der zu diesem Lebensabschnitt Stampiglias meinte, dass jener „seine Hande in jeder Oper hatte“, uberarbeitete er doch in den Jahren 1692 bis 1696 Dramen fur Musik von Nicolo Minato, Adriano Morselli (1600–1691), Giulio Cesare Corradi, Nicolo Beregan und Matteo Noris, die zum Karneval im Teatro Tordinona aufgefuhrt wurden, teils mit maßgeblichen Veranderungen. Trotz dieser hohen Zahl von etwa zehn Werken ist sein Name nur bei Xerse und Tullus Hostilius – beide von 1694 – im kollektiven Musikgedachtnis geblieben. Dies auch, weil 1738 Handel dieses Werk aufgriff und es neu herausbrachte. Allein vier Opern wurden von Giovanni Bononcini vertont, der seit 1691 in den Diensten von Lorenza de la Cerda Colonna stand. In diesen Jahren entstanden weitere Oratorien und Serenaden, etliche davon fur Namens- und Geburtstage der Braute des Prinzen Philip Colonna und des Botschafters Maria Tellez Giron y Sandoval. Alle wurden im Colonna-Palast oder im Spanischen Palast uraufgefuhrt und „wurden wegen der Erlesenheit der Verse hochgeschatzt“. Am 29. Dezember 1695 wurde Luis de la Cerda y Aragon, seit 1691 Herzog von Medinaceli, von Karl II. zum Vizekonig von Neapel ernannt. Mit Luis sollte sich das spatere Schicksal des Dichters verbinden. Luis holte seinen Landsmann Stampiglia nach Parthenope, um das kulturelle Leben dieser alten Stadt in musikalischer und theatralischer Hinsicht aufzuwerten. Ob sich Stampiglia dauerhaft in Neapel niederließ, ist jedoch unsicher. Entsprechend widmete er die ersten funf hier geschriebenen Opern der Vizekonigin Maria. Besonders die erste mit einer Musik von Bononcini Il trionfo di Camilla regina de’ Volsci hatte einen dauerhaften Erfolg: Sie wurde im Teatro San Bartolomeo am 27. Dezember 1696 uraufgefuhrt, wurde im 18. Jahrhundert zunachst in Italien wiederaufgenommen und gehort zu den ersten Opern, die in London in englischer Sprache zur Auffuhrung kamen – bei Beibehaltung der Originalstrophen in den Arien. In den Jahren 1706 bis 1726 wurde sie in dieser Fassung 111-mal aufgefuhrt. Drei Opern entstanden in Zusammenarbeit mit dem Koniglichen Kapellmeister Alessandro Scarlatti (La caduta de’ Decemviri, 1697; L’Eraclea, 1700; Tito Sempronio Gracco, 1702) und zu Karneval 1699 La Parthenope mit der Musik von Luigi Mancia. Dieses Drama war ebenfalls sehr erfolgreich und wurde ein halbes Jahrhundert lang in Italien und Europa aufgefuhrt und konnte das erste gewesen sein, das in Amerika zur Auffuhrung kam. Dazu existiert ein undatiertes, zweisprachiges Libretto fur eine Inszenierung im Vizekonigspalast in Mexiko-Stadt, das in den Jahren 1714 bis 1732 gedruckt sein muss. In diese neapoletanische Phase Stampiglias fallt auch die Heirat mit der Romerin Brigida Vivaldi, deren Familie aus Taggia in Ligurien stammte. Das erste von insgesamt drei Kindern, die in Neapel geboren wurden, war Luigi Maria (* 25. November 1798). Dessen Name war eine Hommage an die Taufpaten Luis und Maria de la Cerda. Der Name der Zweitaltesten Lavinia Maddalena ehrte das Land, in dem sie geboren wurde. Ferner kam noch Leopoldo (* 6. Januar 1700) in Neapel zur Welt, starb aber noch im selben Jahr. Von den anderen drei, spater geborenen Kindern uberlebten zwei weitere das Kindesalter nicht. Mit dem Tod Karls II., dem Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs und der Macchia-Verschworung wurde Luis de la Cerda zuruck in sein Heimatland beordert. Nur kurze Zeit noch blieb Stampiglia unter seinem neuen Dienstherrn, dem Herzog von Escalona, in Neapel. In dieser Zeit (Fruhjahr 1702) durfte er zwischen dem Vizekonig und Kardinal Ottoboni als Vermittler anlasslich des Besuchs von Philipp V. gewirkt haben, Arcangelo Corelli, der gleichfalls in den Diensten Ottobonis stand, nach Neapel zu holen. In den Jahren 1798 bis 1809 waren alle Opernhauser in Rom geschlossen. Stampiglia versuchte daher sein Gluck in Florenz, wo er unter Ferdinando I. de’ Medici zwei Dramen entwarf, die zu Musik von Domenico Scarlatti gesetzt wurden: im September 1704 Turno Aricino und ein Jahr spater Lucio Manlio l’imperioso. In der Karnevalszeit 1705 uberarbeitete Stampiglia zwei venezianische Dramen, Gli amanti generosi (Musik von Francesco Mancini) und Il piu fedel tra vassalli (Giuseppe Aldrovandini), die in Neapel aufgefuhrt wurden. Ein Sonett spielt auf seinen Aufenthalt in Venedig an, der uber den Jahreswechsel 1705/ 1706 erfolgt sein durfte. Ende 1706 wurde Stampiglia als Caesarendichter Nachfolger von Donato Cupeda in Wien und wirkte unter Joseph I., der mit Frankreich, spater auch mit Italien im Krieg stand. Dort traf er auch wieder auf Giovanni Bononcini, der nach dem Tod der Contabilessa Lorenza (21. August 1697) an den kaiserlichen Hof berufen worden war. Mit dem plotzlichen Tod des Kaisers am 17. April 1711 und der Kronung Karls VI. am 22. Dezember 1711 verschlechterten sich die Verhaltnisse fur Stampiglia: Hatte er unter Joseph I. das stattliche Gehalt von 4000 Gulden erhalten, musste er jetzt um den Erhalt seines Lebensstandards kampfen, wie in einem Sonett angedeutet wird: „der Autor die Gnade des Aug. Imp. Karl VI. erfleht“. Entsprechend durftig waren seine Ergebnisse: 1711 schrieb er nur ein Libretto fur ein Oratorium, 1713 gab es lediglich ein weiteres Werk fur den Hof, eine Komposition fur die Ankunft der Kaiserin von Barcelona in Mailand. Damit endete auch die Zusammenarbeit mit Bononcini, der Wien Ende 1713 in Richtung Rom verließ. Karl VI. setzte Apostolo Zeno offiziell als Nachfolger Stampiglias ein, doch dieser blieb zunachst in Wien, auch, weil offensichtlich ein ansonsten gutes Verhaltnis zum Adel bestand. Auffallig ist jedoch das Schweigen der Quellen zu diesem Lebensabschnitt. Ab 1718 war der Dichter wieder in Rom und schrieb unter anderem fur den habsburgischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Gallas, dann fur Kardinal Michael d’Althann und 1718 sowie 1720 zwei Weihnachtskantaten fur Papst Clemens XI. Daneben betreute er die Neufassung zweier Dramen fur die Teatri Pace e Capranica und erneuerte seinen Kontakt zur Accademia dell’Arcadia, die er 1690 mitgegrundet hatte. Dort entstand unter seiner Mitwirkung eine Biografie zu Paolo Antonio del Nero (1666–1718). Auch begann er nun, seine eigenen Verse zu sammeln. Von Michael d’Althann, der seit Juli 1720 kaiserlicher Bevollmachtigter war, erhielt er in den Jahren 1720 und 1721 den Auftrag fur eine Kantate zum Namenstag der Kaiserin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbuttel, die von Pietro Paolo Bencini vertont wurde. Es bestand weiterhin enger Kontakt zu Wien. Stampiglia erhielt 1722/1723 Auftrage fur ein oder zwei Oratorien. Mit der Einsetzung Althanns als Vizekonig gehorte Stampiglia zu seinem Gefolge und diente als sein Sekretar. Trotz zunehmender Gebrechlichkeit gab er 1722 eine Neufassung seiner Oper Partenope mit den komischen Zwischenspielen Eurilla und Beltramme (Musik von Domenico Sarro) heraus, die gleichfalls sehr erfolgreich wurde. Es folgten im Januar 1724 in Zusammenarbeit mit Nicola Porpora die epithalmische aristokratische Serenade Hymenaeus, die spater von seinem Sohn Luigi Maria 1732 unter dem Titel Jason uberarbeitet wurde, und im Herbst 1724 mit Leonardo Vinci eine neue Version von Heraclea. Auch in der Spielzeit 1724/1725 war er mit einigen Dramen, teils mit bearbeiteter, teils mit neuer Musik aktiv. Seine angeschlagene Gesundheit wurde schon fruhzeitig auf Leberzirrhose in Kombination mit Atembeschwerden diagnostiziert. Durch einen Reitunfall im Januar 1725 war er so sehr geschwacht, dass er bald darauf starb. Werke Das uberaus vielfaltige Œuvre Silvio Stampiglias ist vor allem fur seine Musikdramen bekannt, er schrieb aber auch Serenaden und mehrere Kompositionen. Zu den wichtigsten lyrischen Werken zahlen Xerse (1694), Tullus Ostilio (1694), Il trionfo di Cammilla regina de Volsci (1696), Der Fall der Decemvirs (1699), La Partenope (1709) und Caio Gracco (1710). La Partenope war die erste italienische Oper, die 1711 in der Neuen Welt, in Mexiko, aufgefuhrt wurde. Stampiglia hat mit allen großen Komponisten seiner Zeit im Umfeld Italiens zusammengearbeitet, hauptsachlich mit dem Modenser Giuseppe Boniventi, aber auch mit Alessandro Scarlatti, Arcangelo Corelli, Domenico Scarlatti und Luigi Mancia. Der Erfolg seiner Werke hat auch ihr Schaffen beflugelt. Stampglias Werke sind auch nach seinem Tod noch mehrfach „gecovert“ worden und waren teils genauso erfolgreich wie die Originale. Idealtypisch ist sein Werk Il trionfo di Cammilla regina de Volsci, das La Partenope sehr ahnelt und in London sehr erfolgreich war. Die Heldin Camilla, als Hirtin verkleidet, kommt in die Volsker Landschaft, um Konig Latinus vom Thron zu verdrangen, weil sie die eigentliche Erbin von Parthenope ist. „Ohne es zu wissen, verliebt sie sich in Prenesto, den Sohn des Latinus. Das ganze Werk ist voller Liebesintrigen und politischer Verschworungen. Am Ende uberwindet die Liebe alle Schwierigkeiten und die Zwietracht zwischen den beiden Volkern wird ausgeloscht.“ Stampiglia gehorte zur ersten Generation der Reform-Librettisten, die ihren Werken durch klarere Handlungsstrange, Verzicht auf Unmoralisches, Wunder und Manierismen eine deutlichere Stringenz verliehen. Daruber hinaus gab es feste Personenkonstellationen und die Arien wurden, um den Handlungsverlauf nicht zu storen, ans Ende einer Szene gelegt. Thematisch ging es um Politik und Beziehungen; auch aktuelle Anspielungen wurden nicht gescheut, durch die szenische Verlegung auf historische Schauplatze aber eine unmittelbare Auseinandersetzung vermieden. Literatur Saverio Franchi, Orietta Sartori: Stampiglia, Silvio. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 94: Stampa–Tarantelli. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2019. Norbert Dubowy: Stampiglia, Silvio. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 15 (Schoof – Stranz). Barenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2006, ISBN 3-7618-1135-7, Sp. 1314–1316 (Werkeverzeichnis) Alfred Noe: Stampiglia, Silvio (Pseud. Palemone Licurio). In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 5, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2006, ISBN 3-7001-3067-8. (S. 2280f.) Lowell Lindgren: Stampiglia, Silvio, in: Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 24, 2001, S. 272f. Weblinks Stampiglia, Silvio. In: Enciclopedia on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom. Werke: Stampiglia, Silvio (1664-1725) auf Repertoire International des Sources Musicales (RISM) Literatur von und uber Silvio Stampiglia im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Veroffentlichungen von Silvio Stampiglia im OPAC des Servizio Bibliotecario Nazionale (SBN) Gaetano Pitarresi: Intorno a Silvio Stampiglia. Libretiisti, compositori e interpreti nell'eta premetastasiana. Atti del Convegno Internazionale di Studi (Reggio Calabria, 5.–6. Oktober 2007), Laruffa, ISBN 978-88-7221-502-9. Gesammelte Zeitungsveroffentlichungen in der Gazzetta di Napoli fur den Zeitraum 1696 bis 1760. Einzelnachweise
Silvio Stampiglia (auch Animoso und Palemone Licurio; * 14. Marz 1664 in Civita Lavinia; † 26. Januar 1725 in Neapel) war ein italienischer Dichter und Librettist. Als Mitbegrunder der Accademia dell’Arcadia wird ihm damit auch die Entwicklung der Opera seria mit zugeschrieben. Seine großten Erfolge sind Camilla in ihren verschiedenen Versionen, weitere Bearbeitungen von Texten von Nicolo Minato wie zum Beispiel Serse, 1738 vertont von Georg Friedrich Handel, und La Partenope, das unter anderem 1711 in Mexiko zu Musik Manuel de Sumayas eine Erstauffuhrung in Amerika hatte und 1730 in London zu Musik von Handel gespielt wurde.
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Die franzosische Strafexpedition nach Korea war eine Reaktion auf die Hinrichtung mehrerer franzosischer Missionare im Konigreich Korea im Fruhjahr 1866. Im selben Jahr wurde eine Expedition ausgerustet, welche auf Ganghwado landete, sich dann aber nach mehrwochigen Kampfhandlungen zuruckziehen musste. Die Folge in Korea selbst war eine Verstarkung der als erfolgreich gesehenen Isolationspolitik. In Frankreich werden diese Ereignisse als „Expedition francaise en Coree“ bezeichnet, der koreanische Name lautet „병인양요“ (koreanisch: 병인양요 Byeongin-yangyo; Hanja: 丙寅洋擾; „Auslandische Storung des Jahres Byeong-in“). Auf Chinesisch wird der koreanische Name verwendet (chinesisch 丙寅洋擾, Pinyin bing yin yang rao). Vorgeschichte In Korea kam es im Fruhjahr 1866 zu erneuten Verfolgungen von Katholiken. Die auslandischen Priester waren Angehorige der Pariser Mission; von diesen zwolf Priestern entkamen nur drei den Verfolgungen. Dazu gehorte auch Felix-Claire Ridel: Seine Glaubigen ermoglichten ihm die Flucht in einem Boot nach China, wo die Fluchtlinge im Juli 1866 in Yantai ankamen und europaischen Stellen Bericht erstatteten. Vorbereitungen zur Strafexpedition In Tianjin wurde so Konteradmiral Pierre-Gustave Roze informiert, welcher als Kommandeur der franzosischen Fernostlichen Marinedivision gerade in China weilte. Kommandeur Roze und der geschaftsfuhrende Konsul Henri de Bellonet in Peking machten sich sofort fur eine Strafexpedition gegen Korea stark, um die geschmalerte Ehre Frankreichs wiederherzustellen und das Massaker zu rachen. Damit sollte auch eine Abschreckungswirkung gegenuber den Verfolgern von Christen in China verfolgt werden. Bellonett beschuldigte die Qing-Regierung der Mitkomplizenschaft bei den Byeongin-Verfolgungen. Die Qing-Regierung antwortete irritiert, dass sie nichts mit den Angelegenheiten von Joseon zu tun habe. Angesichts der Tatsache, dass Frankreich keine diplomatischen Beziehungen zu Korea unterhielt, traf Bellonnet bereits die ersten Vorbereitungen, ohne die Antwort des franzosischen Außenministeriums abzuwarten: Er drohte dem Zongli Yamen mit der franzosischen Besetzung Koreas und erteilte Roze den Marschbefehl, welchen dieser mit dem Versprechen quittierte, die neun Missionare mit dem Leben von 9000 Koreanern zu rachen. Roze reiste dennoch zuerst nach Saigon in Franzosisch-Indochina, wo er sich mit seinem Vorgesetzten, Admiral Pierre-Paul de La Grandiere, uber den bevorstehenden Einsatz abstimmte. Eine rasche Expedition wurde den Franzosen unter anderem dadurch erschwert, dass es uber das Land so gut wie keine Informationen gab: Es fehlten sowohl Kartenmaterial zur sicheren Navigation in Kustengewassern wie auch Informationen uber die militarische Starke der Koreaner. Auch Sprach- und andere Landeskenntnisse fehlten, abgesehen von wenigen Leuten wie Ridel, die sich im Land auskannten: Ridel wurde als Berater in die weitere Operation einbezogen. Roze fragte auch den walisischen Priester Robert Jermain Thomas an, der wenige Monate vor den Verfolgungen aus Korea ausgewiesen worden war. Thomas war begierig auf seine rasche Ruckkehr nach Korea, doch als sich die franzosischen Vorbereitungen in die Lange zogen, entschied er sich stattdessen fur die Fahrt auf dem US-amerikanischen Dampfschiff General Sherman. Roze sandte zuerst eine Erkundungsmission in die koreanischen Gewasser, welche von Ende September bis Anfang Oktober dauerte. Sie erbrachte rudimentare Karten fur die Navigation, insbesondere fur das Mundungsgebiet des Han-Flusses und die Umgebung der Hauptstadt Hanyang (Seoul). Zwei der drei Erkundungsschiffe (Deroulede und Tardif, nicht aber die Primauguet s. u.) stießen am 25. September auch flussaufwarts auf dem Han-Fluss bis kurz vor Hanyang selbst vor. Von einigen der Kustenforts wurden Schusse abgefeuert, und zwei Dschunken wurden bei ihrem Versuch versenkt, die Franzosen zu stoppen. Die franzosischen Aufklarungsschiffe ankerten mehrere Tage vor Hanyang und storten den Alltag nachhaltig. Bald wurde klar, dass eine Landung direkt bei Seoul oder gar eine Belagerung und Einnahme der stark befestigten Hauptstadt aussichtslos sein wurde; gerade auch, weil eine nur schmale Fahrrinne bei der Han-Mundung fur die großeren franzosische Schiffe Manovrierhindernisse bedeutete und der Han-Fluss selbst nur fur leichte Boote schiffbar war. Roze plante stattdessen, die strategische Lage der großen Insel Ganghwa zu nutzen, die direkt gegenuber der Flussmundung westlich von Seoul lag und von der aus auch aller Schiffsverkehr kontrolliert werden konnte. Rozes Uberlegung war, dass eine Blockade des Hafens von Seoul die Koreaner zum Einlenken und zur Zahlung von Reparationen bewegen wurde. Zugleich stellte Konsul Bellonet von Peking aus unerfullbare Bedingungen an den koreanischen Hof, bis hin zu der Forderung, dass der minderjahrige Konig (statt seiner regierte Prinz Heungseon Daewongun) abdanken solle und die Souveranitat Koreas in franzosische Hande gelegt werden musse. Bellonet handelte hier allerdings ohne Anweisung durch das Außenministerium in Paris oder Napoleon III., wofur Roze ihn kritisierte. Der mit ganz anderen politischen Problemen befasste Yixin (der chinesische Prinzregent Gong) weigerte sich zudem, den franzosischen Depeschen nach Korea mit dem kaiserlichen Siegel Nachdruck zu verleihen. Auch die Koreaner bereiteten sich nun auf eine Wiederkehr der Schwarzen Schiffe nach Hanyang vor: Die Aufrustung der Kustenverteidigung mit neuen Forts war bereits im Gange; Waffen wurden produziert und Vorrate aufgestockt. Um ein erneutes Vorstoßen westlicher Schiffe bis direkt vor den Hafen der Hauptstadt zu verhindern, versenkten die Koreaner mehrere Dschunken an der Flussmundung, um diese zu blockieren. Zudem bemuhten sich die Koreaner, von den sonst ungeliebten Japanern Hilfe zu erhalten, doch vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der Edo-Regierung kamen lediglich zwei Gesandte nach Hanyang. Sie schlugen eine friedliche Beilegung des Konflikts durch einen Abbau der Handelsbeschrankungen vor. Beginn der Expedition Am 11. Oktober brach Roze von Yantai aus nach Korea auf, mit der Fregatte Guerriere als Flaggschiff, begleitet von zwei Avisos (Kien-Chan und Deroulede), zwei Kanonenbooten (Le Brethon und Tardif) sowie zwei Korvetten (Laplace und Primauguet). An Bord waren auch 300 Marinesoldaten der Fusiliers marins, die Roze aus Yokohama abgezogen hatte. Die Gesamtstarke seiner Streitmacht wird im Nachhinein auf etwa 800 Mann geschatzt. Am 16. Oktober landeten die ersten 170 Marinesoldaten auf der Insel Ganghwa und ubernahmen mehrere Festungsbauten, von denen aus das Han-Mundungsgebiet ubersehen werden konnte. Auch die befestigte Kleinstadt Ganghwa-eup mitsamt einem koniglichen Sommerpalast wurde eingenommen. Dabei konnten die Franzosen Flaggen, 80 Bronze- und Eisenkanonen, Nahkampfwaffen und Rustungen aller Art sowie 8000 Musketen erbeuten, aber auch Wertgegenstande wie 19 Kisten mit Silber- und Goldbarren, Lackkunst, Jade und etwa 345 Manuskripte der koniglichen Bibliothek auf der Insel. Auf Ganghwa befand sich auch das befestigte Kloster Jeondeungsa mit dem altesten buddhistischen Tempel der koreanischen Halbinsel – es lag aber zu abgelegen, als dass es zu diesem Zeitpunkt fur die Operation Rozes von Interesse gewesen ware. Auf dem Festland war mittlerweile die Streitmacht des Generals Yi Yong-Hui mobilisiert worden, der die wiederholten Aufforderungen von Admiral Roze zu Reparationszahlungen ignorierte, allerdings erwiderte, dass die Missionare nach geltendem Recht behandelt worden seien. Zudem befestigten die Koreaner Tong-chin auf dem Festland. Die Bevolkerung wurde unter Androhung der Todesstrafe vor Zusammenarbeit oder Friedensvorschlagen gewarnt. Eine Botschaft des koreanischen Generals Ni vom 19. Oktober wiederum drohte auch den illegal eingedrungenen Franzosen mit der Todesstrafe, wobei er chinesische Klassiker zitierte. Am 26. Oktober kam es zu einem Landungsversuch von 120 Marinesoldaten auf dem Festland sudlich von Tong-chin, um das befestigte Kloster Munsusanseong (auch Fort Munsu, heute in Yangchon, Stadtteil von Gimpo) einzunehmen, welches auf halbem Weg nach Seoul lag. Die Franzosen trafen auf eine gut organisierte Gegenwehr der Koreaner, konnten sie aber uberwinden und den Ort einnehmen. Angesichts der koreanischen Verstarkung, die einen nachtlichen Gegenangriff vorbereitete, zogen sich die Franzosen wieder zu ihren Schiffen zuruck. Bei der befestigten Stellung Gwangsung zeichnete sich auf koreanischer Seite der Kommandeur Eo Jae-yeon aus. Am 27. Oktober stießen Rozes Manner erstmals auf nennenswerte Gegenwehr auf der Insel Ganghwa: Ein Kommando von 800 koreanischen „Tigerjager“-Scharfschutzen hatte die Han-Mundung uberquert und in dem schwer zuganglichen Kloster Jeondeungsa Stellung bezogen. Weder gelang es diesen Koreanern, die Stadt und Festungen von Ganghwa zuruckzuerobern, noch gelang den Franzosen mit 160 Mann die Einnahme des Klosters; sie mussten sich mit dutzenden von Verletzten zuruckziehen. Am 7. November befahl Roze einen zweiten Landeversuch, um Munsusanseong einzunehmen. In dem Gefecht zwischen 160 Marinesoldaten und 543 koreanischen Verteidigern wurden drei Franzosen getotet und 36 verwundet, bevor der Ruckzug angeordnet wurde. Nach diesem zweiten Anlauf beschrankten sich die Ambitionen Rozes auf die Insel Ganghwa, die er bereits genauer erkundet und befestigt hatte. Außer an Reparationen war Roze auch an dem Schicksal der letzten beiden in Korea verbliebenen franzosischen Missionare interessiert. Die koreanische Seite zeigte sich zu keinen Verhandlungen oder Unterredungen bereit. Sie setzte vielmehr ihre Mobilisierung fort, doch Roze konnte dank einiger ubergelaufener katholischer Koreaner in Erfahrung bringen, dass die gesuchten Priester auf dem Landweg nach China geflohen seien. Da es also niemanden mehr zu retten galt, entschied sich Roze am 9. November fur einen strategischen Ruckzug. Die zahlenmaßige Uberlegenheit der Koreaner mit zehntausenden von Soldaten und Freiwilligen sowie das einsetzende Winterwetter bestarkten Roze in diesem Beschluss. Vor seinem Abzug am 12. November ordnete Roze noch die Beschlagnahmung aller Wertgegenstande in den Lagerhausern und Verwaltungsgebauden von Ganghwa an und ließ diese Gebaude dann von den Schiffen aus beschießen. Roze zog nach Yokohama ab, wo er am 13. Januar 1867 die erste franzosische Militarmission in Japan in Empfang nehmen konnte; sie sollte das japanische Militar nach westlichen Standards modernisieren. Folgen Das eher durftige Ergebnis der Expedition vor ihrem Ruckzug wurde in Korea als Sieg des Joseon-Regimes uber westliche Invasoren gelesen und auch in Frankreich als Scheitern verstanden. = Im Westen = Der Verbleib der General Sherman, die im August desselben Jahres in Pjongjang aufgebracht worden war, hatte mittlerweile auch die Amerikaner in China alarmiert, und im Dezember sowie im Fruhjahr 1867 wurde kurz eine gemeinsame franzosisch-amerikanische Expedition im Fruhjahr erwogen. Diese Plane wurden aber fallengelassen; die Amerikaner wollten erst genauere Berichte abwarten und die Franzosen wollten nach der gescheiterten Intervention in Mexiko auch ihre Prasenz in Ostasien einschranken; Korea war kein Hauptanliegen der franzosischen Außenpolitik. Nach dem Deutsch-Franzosischen Krieg nur vier Jahre spater geriet die Episode in Paris in Vergessenheit. Auch die Briten waren an einer Unternehmung nicht interessiert. So kam die Amerikanische Expedition nach Korea 1871 erst funf Jahre spater ohne Teilnahme einer europaischen Macht zustande. Auch die Strategie der Amerikaner sollte auf der Einnahme von Ganghwa beruhen; auch sie mussten sich angesichts einer unbeugsamen politischen Haltung des Konigreichs schließlich wieder zuruckziehen. Die Nachricht von der franzosischen Schlappe befeuerte auch den Nationalismus und Widerstand gegen das Christentum in anderen asiatischen Landern, so wird etwa ein Zusammenhang zu dem Massaker von Tianjin am 21. Juni 1870 gesehen. Konteradmiral Roze wurde 1868 nach Frankreich zuruckbeordert; er stieg 1869 zum Vizeadmiral auf. In seinem abschließenden Bericht zu seinem Einsatz in Korea gab Roze am 15. November zu Protokoll, dass seine Expedition die Grundlagen fur eine nachfolgende Operation gelegt habe. Auch wenn eine solche nicht erfolgen wurde, so habe er dennoch den Mord an den Missionaren geracht und den Glauben der Koreaner an ihre Unantastbarkeit und ihr Vertrauen in die Isolationspolitik erschuttert. Das Konsulat und Bellonett teilten seine Ansicht jedoch nicht, es kam weder zu einer Aufnahme diplomatischer Beziehungen noch zu einem Nachlass der Verfolgungen. = In Korea = Korea hatte nach der Verfolgung der Katholiken im Fruhjahr, der Abwehr des amerikanischen Dampfschiffs General Sherman im August/September und der Abwehr der franzosischen Expedition im Oktober/November mehrere Erfolge seiner Isolationspolitik gegenuber auslandischen Einflussen zu verzeichnen gehabt. Die Uberzeugung von Regent Daewongun, dass Christen „auslandische Rekruten“ und somit Landesverrater seien, festigte sich angesichts der westlichen Nichtbeachtung der koreanischen Isolationspolitik immer weiter. Hatte er sich bislang noch vor allem auf die christlichen Radelsfuhrer konzentriert, ließ er nun eine großangelegte Verfolgung von Katholiken anordnen und tausende von Glaubigen enthaupten. In Seoul wurde der Kustenfelsen Jeoldu-san (koreanisch 절두산 bzw. 切頭山, Enthauptungs-Felsen) zu einer Hinrichtungsstatte fur geschatzt zweitausend Katholiken. Nach dem Abzug der Invasoren wurde erneut die Heirat des vierzehnjahrigen Konigs Gojong gefeiert; die offizielle Vermahlungszeremonie hatte bereits im Marz stattgefunden. Die Heirat war ein zweiter Anlass zu großen Feierlichkeiten in Korea; ein chinesischer Diplomat berichtete ausfuhrlich von den harmonischen Umstanden dieser Hochzeit. 1873/1874 zwang der dann volljahrige Gojong seinen Vater aus rein innenpolitischen Grunden zum Rucktritt. 1876 wurde Korea fur die Außenwelt geoffnet, allerdings durch die Streitmachte Japans unter der Fuhrung von Kuroda Kiyotaka. Dessen militarische Prasenz zwang dem Land den ungleichen Vertrag von Ganghwa auf und offnete so drei Hafen Joseons. Die westlichen Machte konnten daraufhin ebenfalls Vertrage mit Korea abschließen; Japan hatte aber von nun an die Vorrangstellung unter den auslandischen Machten in Korea und konnte das Land 1905 zu einem Protektorat Japans machen. Die Franzosen hatten in Ganghwa unter anderem 297 Uigwe aus dem 14. bis 19. Jahrhundert geraubt, also Protokolle und andere Unterlagen des Joseon-Konigshofs, die auf der Insel Ganghwa gesichert aufbewahrt werden sollten. Diese Dokumente bildeten den Grundstock der Koreasammlung in der Bibliotheque nationale de France. Im Fruhjahr 2011 vereinbarten Lee Myung-bak und Nicolas Sarkozy, die Prasidenten von Sudkorea und Frankreich, die Ruckfuhrung der Bucher nach Korea, die seit Juni 2011 als Leihgabe wieder im Koreanischen Nationalmuseum aufbewahrt werden. Weblinks Einzelnachweise
Die franzosische Strafexpedition nach Korea war eine Reaktion auf die Hinrichtung mehrerer franzosischer Missionare im Konigreich Korea im Fruhjahr 1866. Im selben Jahr wurde eine Expedition ausgerustet, welche auf Ganghwado landete, sich dann aber nach mehrwochigen Kampfhandlungen zuruckziehen musste. Die Folge in Korea selbst war eine Verstarkung der als erfolgreich gesehenen Isolationspolitik. In Frankreich werden diese Ereignisse als „Expedition francaise en Coree“ bezeichnet, der koreanische Name lautet „병인양요“ (koreanisch: 병인양요 Byeongin-yangyo; Hanja: 丙寅洋擾; „Auslandische Storung des Jahres Byeong-in“). Auf Chinesisch wird der koreanische Name verwendet (chinesisch 丙寅洋擾, Pinyin bing yin yang rao).
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Ina Benita (eigentlich Inna [oder Janina] Benita Florow-Bułhak; * 1. Marz 1912 in Kiew, Russisches Kaiserreich; † 9. September 1984 in Mechanicsburg, Vereinigte Staaten) war eine polnische Schauspielerin, die auch als erste Femme Fatale des polnischen Kinos in der Zwischenkriegszeit bezeichnet wurde. Erst in den 2010er Jahren wurde allgemein bekannt, dass sie den Zweiten Weltkrieg uberlebt hatte und 1984 gestorben war. Leben Ina Benita stammte aus einer russischsprachigen, orthodoxen Familie, ihr Vater war Mikołaj (Nikolai) Aleksandrowicz Florow-Bułhak (1875–1944), ein Justizbeamter, und ihre Mutter hieß Helena geb. Jeszczenko (1880–1920). Im Fruhjahr 1920, als die Polnische Armee kurzfristig Kiew eroberte, nutzten sie die Gelegenheit und flohen mit ihrer Tochter aus der Sowjetunion nach Warschau, da das Leben in Kiew fur sie nach der Oktoberrevolution „zur Holle geworden“ sei. Ina besuchte dort die Grundschule und lernte Polnisch sehr schnell und so gut, dass niemand merkte, dass es nicht ihre Muttersprache war. Der Vater, dem eine gute Bildung der Tochter wichtig war, schickte sie auf das Sacre-Cœur-Gymnasium in Paris, wo sie vier Jahre, zwischen 1924 und 1929, lernte. Nach ihrer Ruckkehr nach Warschau absolvierte sie Gesangs- und Schauspielkurse von Helena Jozefa Hryniewiecka. Sie debutierte am 29. August 1931 im Teatr Nowy Ananas und spielte kurz in verschiedenen Theatern und Kabaretts, anschließend widmete sie sich hauptsachlich ihrer Filmkarriere. = Aufstieg zum Filmstar in der Zwischenkriegszeit = Ina Benita hatte 1932 ihr Leinwanddebut in dem Film Puszcza und war bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs Ende der 1930er Jahre noch in etwa 15 weiteren Filmen zu sehen. Ihre Filmkarriere verlief sehr erfolgreich, so spielte sie in Filmen von Mieczyslaw Krawicz, Michał Waszynski und Henryk Szaro, in Dwie Joasie spielte sie an der Seite von Jadwiga Smosarska, in weiteren Filmen an der Seite von Eugeniusz Bodo. Sie verkorperte in den Filmen meist verfuhrerische Vamp- und Femme-fatale-Rollen, was ihr eine gewisse Verehrung beim Publikum einbrachte. 1931 hatte sie den russischen Filmschaffenden und Schriftsteller Georgi Teslawski geheiratet, von dem sie sich 1933 scheiden ließ. Ihren Kunstlernamen Ina Benita legte sie sich zu, um ihre Karriere mit einem verfuhrerischen Image voranzubringen. Es gibt unterschiedliche Theorien uber die Herkunft des Namens: So konnte er von einem Rum-Bananen-Cocktail inspiriert worden sein, vom spanischen Wort „bonita“ (ubersetzt „schon“) oder der zunehmenden Popularitat Benito Mussolinis. Ab 1937 war sie in verschiedenen Warschauer Revuetheatern tatig, unter anderem im Malicka-Theater und im „Ali Baba“. 1938 heiratete sie ihren zweiten Ehemann, Stanislaw Lipinski. 1939 war sie wegen ihrer Hauptrolle in Czarne Diamenty (eine ihrer letzten Filmrollen) zur ersten Ausgabe des Filmfestivals von Cannes eingeladen. Das Filmfestival wurde aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs jedoch abgesagt, und auch Benitas Leben anderte sich deutlich. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs trat sie in verschiedenen offenen, das heißt von den Deutschen gefuhrten Theatern in Warschau auf („Komedia“, „Niebieski Motyl“ und „Miniatury“). Sie wollte wohl ihre erfolgreiche Filmkarriere fortsetzen, was als Kollaboration mit dem Feind gedeutet wurde. Eine Affare mit einem osterreichischen Wehrmachtsoffizier, Otto Haver, mit dem sie von 1943 bis 1944 kurze Zeit in Wien lebte, brachte sie nach einer Beschuldigung wegen „Rassenschande“ (als Polin galt sie Nationalsozialisten als „Untermensch“ und durfte daher mit keinem „Herrenmenschen“ zusammenleben) ins Pawiak-Gefangnis und ihren Geliebten an die Ostfront. In Gefangenschaft bekam sie ihren Sohn Tadeusz. Am Tag vor dem Warschauer Aufstand wurde sie aus der Haft entlassen, sie uberlebte in den ersten Wochen des Aufstands in der Altstadt und gelangte Ende August durch das Kanalisationssystem bis nach Srodmiescie. Hier verlor sich die Spur der Schauspielerin. Es gab zeitgenossische Berichte, nach denen sie dem Wahnsinn verfallen sei und den Krieg nicht uberlebt habe. = Leben in der Anonymitat nach dem Kriegsende = Mehrere Jahrzehnte lang wurde in der Offentlichkeit angenommen, dass Ina Benita in den Wirren des Warschauer Aufstands gemeinsam mit ihrem Sohn auf dem Weg nach oder in Srodmiescie gestorben sei. Erst im Jahr 2018 publizierte Nachforschungen des Journalisten Marek Teler bei Familienmitgliedern ergaben, dass die Schauspielerin und ihr Sohn den Krieg uberlebt hatten. Teler arbeitete zu dieser Zeit an einem Artikel uber die Opfer des Warschauer Aufstands. In den Vereinigten Staaten ging vor allem ihr Enkel Greg, ein Sohn von Tadeusz, in den 1990er Jahren der Herkunft seiner 1984 verstorbenen Großmutter Ina Scudder nach. Davon, dass seine Großmutter einst ein gefeierter Filmstar war, hatte er keine Ahnung; erste Internetrecherchen halfen nicht weiter. Erst Ende 2017 und Anfang 2018 erfuhren die Enkel Greg und Alexandria in einer weiteren Internetrecherche mit dem Geburtsnamen ihrer Großmutter (Florow-Bułhak) von ihrem Vorkriegsleben und dass man davon ausging, sie sei gestorben. Marek Teler wurde auf einer Internetseite auf einen von Greg hinterlassenen Kommentar – dass er Ina Benitas Enkel sei und sie den Krieg uberlebt habe – aufmerksam. Die Betreiber der Webseite stuften den Kommentar aber als Fake ein und gaben keine Informationen uber den Verfasser heraus. Im Oktober 2018 gab der slowenische Politiker Ingo Pasch (1941–2021) in einem weiteren Kommentar an, dass Ina Benita die zweite Frau seines Vaters gewesen sei. Teler nahm Kontakt auf, und Pasch konnte mit Fotos und Dokumenten die Korrektheit seiner Aussagen belegen. Die anschließenden Nachforschungen erbrachten folgende Erkenntnisse zu Ina Benitas Leben kurz vor und nach Ende des Zweiten Weltkriegs: 1943 kam der Deutsche Hans Georg Willi Pasch (1909–1945), ein Gegner des Hitler-Regimes, nach Warschau und verliebte sich in die junge Schauspielerin Ina Benita. Es ist den Recherchen nach sehr wahrscheinlich, dass Hans Pasch Tadeuszs Vater war und nicht Otto Haver. Auch legen die Nachforschungen nahe, dass Benita die Widerstandsbewegung um Roman Niewiarowicz unterstutzte und ihre Arbeit in den von Deutschen gefuhrten Theatern nutzte, um an Informationen zu gelangen. Benita lebte wahrend des ersten Monats des Warschauer Aufstands bei ihrem Vater, der allerdings bei einer Bombardierung des Hauses getotet wurde, wohingegen Tadeusz, versteckt unter einer Badewanne, knapp uberlebte. Ein Dokument bestatigte ihr Uberleben und dass sie sich im April 1945 in Hohegeiß aufhielt. Sie fand Ende des Kriegs wieder mit Hans Pasch zusammen, heiratete ihn im Juni 1945 und zog mit ihm und Tadeusz nach Rhumspringe. Im Juli 1945 gebar Ina eine Tochter, die aber wenige Tage nach der Geburt verstarb. Im November 1945 wurde ihr Ehemann ermordet, aber seine Leiche war zunachst nicht auffindbar. Ina Benita setzte sich fur die Aufklarung der Tat (im Februar 1946 wurde seine Leiche gefunden) und fur die Bestrafung der Tater ein. Nachdem sie das erreicht hatte, wanderte sie mit Tadeusz an die Cote d’Azur aus, trat dort in kleinen Lokalen in Nizza und Cannes als Sangerin und Tanzerin auf. Sie traf dort den Amerikaner Lloyd Scudder (1917–1964), der bei der United States Air Force arbeitete. 1950 bekamen sie einen Sohn namens John, im April 1954 heiratete das Paar in Casablanca. 1960 verließen sie mit den beiden Kindern Frankreich und gingen in die Vereinigten Staaten, wo sie zunachst in Albuquerque und Dayton wohnten, ab 1962 dann in Middletown in Pennsylvania. 1964 starb Lloyd Scudder an Krebs. Ina Benita nahm eine Anstellung als Hausmadchen in einem Hotel an. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie mit Ausflugen mit ihren Enkeln Greg und Brian und der Malerei, zuletzt lebte sie in einem Pflegeheim in Camp Hill. Im September 1984 starb Benita, die viele Jahre lang geraucht hatte, an Lungenkrebs. Sie wurde auf dem Friedhof von Middletown beigesetzt. Beweggrunde fur das Leben in der Anonymitat Das Leben in volliger Anonymitat nach Kriegsende scheint Telers Nachforschungen zufolge dadurch motiviert, dass Benita negative Folgen fur sich und ihren Sohn befurchtete: So verfolgten die Kommunisten Schauspieler, die in den von Deutschland kontrollierten Theatern spielten, weil sie das als Kollaboration mit dem Feind betrachteten. Auch war ihre Affare mit einem osterreichischen Wehrmachtsoffizier in Kunstlerkreisen bekannt. Nach der Ermordung ihres Mannes 1945 in Deutschland sah Benita offenbar keine Zukunft mehr fur sich dort oder in Polen, sodass sie im Ausland Schutz suchte. Die Familienmitglieder berichteten ruckblickend, dass Ina Benita misstrauisch war und Verfolgung furchtete. Ihre einstige Karriere hielt sie deshalb vor ihrer Familie geheim, die von Ina Benitas Vorkriegsleben erst uber 30 Jahre nach ihrem Tod erfuhr. Filmografie 1932: Puszcza 1933: Jego ekscelencja subiekt 1933: Przybłeda 1933: Maryjka 1934: Hanka 1935: Jasnie pan szofer 1935: Dwie Joasie 1936: Miłosc wszystko zwycieza 1937: Trojka hultajska 1938: Ludzie Wisły 1938: Gehenna 1938: Serce matki 1938: Moi rodzice rozwodza sie 1939: O czym sie nie mowi ... 1939: Doktor Murek 1939: Sportowiec mimo woli (Premiere 1940) 1939: Ja tu rzadze (Premiere 1941) 1939: Czarne diamenty (Premiere 1946) Literatur Piotr Gacek: Ina Benita: Za wczesnie na smierc, 2018, Wydawnictwo Krytyki Politycznej, ISBN 978-836585388-2 Marek Teler: Zagadka Iny Benity. AK-torzy kontra kolaboranci, 2021, Bellona, ISBN 978-8-31-116090-3 Dokumentarfilm 2022: Ina Benita. Dwa zycia Weblinks Ina Benita bei IMDb Ina Benita in der Internet-Datenbank des polnischen Films FilmPolski.pl (polnisch) (mit Fotogalerie) Einzelnachweise
Ina Benita (eigentlich Inna [oder Janina] Benita Florow-Bułhak; * 1. Marz 1912 in Kiew, Russisches Kaiserreich; † 9. September 1984 in Mechanicsburg, Vereinigte Staaten) war eine polnische Schauspielerin, die auch als erste Femme Fatale des polnischen Kinos in der Zwischenkriegszeit bezeichnet wurde. Erst in den 2010er Jahren wurde allgemein bekannt, dass sie den Zweiten Weltkrieg uberlebt hatte und 1984 gestorben war.
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Die Graber der 99 Heiligen (franzosisch tombeaux des 99 saints) sind ein islamisches Kulturdenkmal im Suden Nigers. Der Bestattungsplatz liegt am und im Madarounfa-See. Er wurde durch angebliche ubernaturliche Lichterscheinungen bekannt und ist das Ziel von Wallfahrten. Anlage Die Anlage der Graber der 99 Heiligen erstreckt sich uber eine Flache von 800 Hektar. Sie befindet sich im Gebiet der Stadtgemeinde Madarounfa im gleichnamigen Departement Madarounfa, das zur Region Maradi gehort. Die Graber liegen zum Teil am sudlichen Seeufer und zum Teil unterhalb der Wasseroberflache des Madarounfa-Sees. Insgesamt sind 20 Graber bekannt, die mit kniehohen Steinmauern markiert wurden. Die Zahl 99 hat wahrscheinlich nur symbolische Bedeutung und bezieht sich auf die 99 Perlen der islamischen Gebetskette Misbaha. Manche der markierten Statten sind namentlich bekannten Personen zugeordnet: jene der Heiligen Fatchima, Malam Ali, Malam Mahaman, Ma’arufa Karfin, Rabiatou und Sabit’l Bilani. Das Ma’arufa Karfin zugeschriebene Grab ist das großte. Es ist 15 Meter lang, 5 Meter breit und 45 Zentimeter hoch. Es wurde bisher nicht untersucht, ob sich in den Grabern uberhaupt menschliche Uberreste befinden. Legenden Der Legende nach gehen die Graber der 99 Heiligen auf den Propheten Mohammed zuruck. Er kundigte drei heilige Manner an, die eines Tages zu einem der Kalifen kamen. Den drei Heiligen sollten 1000 Goldmunzen ausgehandigt werden, woraufhin sie fur 1000 Jahre Frieden beten wurden. 40 Jahre nach dem Tod des Propheten kamen die drei heiligen Manner nach Medina. Ihre Namen waren Ma’arufa Karfin, Jaji Karkawma und Sabit’l Bilani. Nachdem die Prophezeiung erfullt und die Friedensgebete gesprochen waren, wurden die drei Manner Richtung Westen geschickt, wo sie ihre kunftige Wohnstatt fanden. So erreichten sie Madarounfa. Bei ihrer Ankunft wurde eine heilige junge Frau namens Saadatou um Wasser geschickt, damit sich die Manner vor dem Beten reinigen konnten. Saadatou bat Allah um Hilfe und auf wundersame Weise sprudelte Wasser aus dem Boden, wodurch der Madarounfa-See entstand. Ma’arufa Karfin, Jaji Karkawma und Sabit’l Bilani waren die ersten Bestatteten in den Grabern der 99 Heiligen. Die Legende erklart nicht die Herkunft der ubrigen 96 Heiligen. Bekannt wurde die Statte durch nachtliche Lichterscheinungen uber den Grabern, durch die sich die toten Heiligen zeigen sollen. Wie es heißt, sollen die Lichtstrahlen, die aus dem Boden kamen und in das Blatterwerk der Baume schimmerten, die genaue Lokalisierung der Graber ermoglicht haben. Die ersten Berichte uber diese Erscheinungen gehen moglicherweise auf die Zeit des Fulbe-Dschihads unter Usman dan Fodio im 19. Jahrhundert zuruck. Sie traten angeblich oft in Nachten von Donnerstag auf Freitag auf. Als erster sich derart zeigender Heiliger gilt Ma’arufa Karfin, gefolgt von Jaji Karkawma und Sabit’l Bilani. Manchmal hatten sich alle Heiligen als Lichterscheinungen am Grab von Ma’arufa Karfin versammelt. Von der letzten Lichterscheinung wurde um das Jahr 1990 berichtet. An das Phanomen Glaubende schrieben dessen Ende der Lichtverschmutzung durch das nahe Stadtzentrum von Madarounfa zu. Bedeutung Der Glaube an die erwahnten Legenden ist in der einheimischen Bevolkerung verankert. Die Graber gelten entsprechend als heilige Statte, die erhalten bleiben muss. Hier werden Rituale mit Opfergaben und Anrufungen vollzogen, aus deren Anlass die Graber gepflegt werden. Auf Vorschlag des nigrischen Kulturministeriums vom 26. Mai 2006 kamen die Graber der 99 Heiligen, der Madarounfa-See und der Geschutzte Wald von Madarounfa als ein Ensemble auf die Tentativliste zum UNESCO-Welterbe. Der Ort zieht regelmaßig Glaubige aus anderen Landesteilen und aus den Nachbarlandern Nigeria und Kamerun an. Zur Forderung der Wallfahrten eroffnete das nigrische Tourismusministerium 2015 ein ganzjahrig nutzbares Hoteldorf mit zwei Moscheen, 30 Bungalows und einem Restaurant mit 50 Sitzplatzen. Weblinks La foret classee, le lac de Madarounfa et les tombeaux des 99 saints auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO zu Tentativlisten (franzosisch). Einzelnachweise
Die Graber der 99 Heiligen (franzosisch tombeaux des 99 saints) sind ein islamisches Kulturdenkmal im Suden Nigers. Der Bestattungsplatz liegt am und im Madarounfa-See. Er wurde durch angebliche ubernaturliche Lichterscheinungen bekannt und ist das Ziel von Wallfahrten.
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Die Atomknacker – Spielend steigen SIE aus! ist ein semi-kooperatives Brettspiel von Peter Rothammer und Franz Scholles aus dem Jahr 1986, das im Selbstverlag produziert und uber den auf Umweltspiele spezialisierten Verlag Okotopia vertrieben wurde. Die bis zu sieben Mitspieler versuchen gemeinsam, aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen und dabei moglichst viele Kernkraftwerke abzuschalten; dabei spielen sie gegen eine ubermachtige Atomlobby. Obwohl in dem Spiel derjenige gewinnt, der die meisten Anlagen abschalten kann, verlieren alle Spieler, wenn sie gemeinsam zu wenige abschalten. Thema und Ausstattung Thematisch eingebettet ist das Spiel Die Atomknacker in das Thema der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1980er-Jahre und es erhielt bei seinem Erscheinen 1987 durch die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 eine besondere Aktualitat. Es handelt sich dabei um ein Brettspiel mit Karten- und Wurfeleinsatz, bei dem die Mitspieler als Vertreter fiktiver Staaten (Anglia, Luxia, Nipponia, Scandia, Tyskia und Vetia) versuchen, uber einen vorgegebenen Zeitraum moglichst viele Atomkraftwerke in ihren Landern abzuschalten und damit aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen. Ein Mitspieler ubernimmt dabei die Rolle der fiktiven Atomlobby „Gallia“, gegen die alle anderen Mitspieler als „Atomknacker“ fiktiver Nationalstaaten antreten, die in jedem Land eine politische Mehrheit gegen die Atomkraft organisieren und nach zwolf Runden bis zu 50 Atomkraftwerke pro Nation abschalten mussen. „Gallia“ gewinnt dagegen, wenn dies nicht gelingt. Das Spielmaterial besteht aus sieben Spielplanen mit entsprechenden Spielfiguren und Markierungssteinen, ebensovielen Rundenubersichten mit zusatzlichen Rundenzielen sowie einem Kartensatz aus Entscheidungs- und Ereigniskarten sowie Blockadekarten fur die Atomlobby und Prozentwurfeln. Die Covergestaltung stammt von dem Berliner Cartoonisten Gerhard Seyfried und das Cover war mit einem von Gunter Wallraff signierten Zitat beschriftet, wodurch das Spiel durchaus prominente Unterstutzer erhielt. Spielweise Zur Vorbereitung erhalt jeder Mitspieler einen eigenen Spielplan mit einer Laufbahn aus 51 Kernkraftwerken und einer Spielstandstabelle sowie eine Spielfigur und Spielsteine zur Markierung seiner Spielwerte. Sein Ziel ist es, moglichst viele der Kraftwerke nacheinander abzuschalten. Das Spiel lauft dabei uber 12 Runden, in denen Entscheidungs- und Ereigniskarten gezogen und gespielt sowie Auswirkungen ausgewurfelt werden. Zudem erhalt jeder eine Rundenubersicht, ein „Telex“, das fur jede Runde zusatzliche Ziele ausweist, um weitere Kraftwerke zu deaktivieren. Die Spielrunde verlauft durch das Ausspielen von jeweils vier Karten, davon zwei Entscheidungskarten, einer Ereigniskarte und einer von Gallia ausgespielten Blockade-Karte. Mit den Entscheidungskarten konnen die Spieler zwischen zwei politischen Optionen mit positiven und negativen Auswirkungen auf ihre Wahrungen Wahlerstimmen (W%), das Internationale Prestige (IP) und Geld (Mrd. EUC) wahlen; die Werte werden ausgewurfelt und konnen bei Einstimmigkeit verdoppelt werden. Mit der Ereigniskarte kann der Spieler seine Wahrungen einsetzen, um Kraftwerke abzuschalten. Das Spiel endet nach 12 Runden und wenn es ihnen gemeinsam gelingt, eine vorgegebene Anzahl Kraftwerke auszuschalten, gewinnen sie das Spiel. Die Atomlobby gewinnt, wenn dies nicht gelingt. Veroffentlichung und Rezeption Das Spiel Die Atomknacker wurde von Peter Rothammer entwickelt und nach erfolgloser Suche nach einem Verleger im Eigenverlag umgesetzt. Der Vertrieb lief ab 1986 uber den deutschen Verlag Okotopia. Laut einem Kurzartikel im Spiegel nach Erscheinen 1986 hatte Rothammer das Spiel mehreren „renommierten deutschen Spiele-Herstellern“ angeboten, laut Peter Rothammer fanden, „die […] das Thema politisch zu heiß und blockten“. In einer zeitgenossischen Rezension stellte Uwe Molter das Spiel in der spielbox zusammen mit weiteren Alternativen Spielen vor und bezeichnete es als satirisches Brettspiel, bei dem keine Informationen zum Thema vermittelt werden. Zugleich sei es fur die Spieler nicht leicht zu gewinnen und bedurfe gut abgestimmte Entscheidungen. Er schrieb zudem, dass es „mit Engagement bestimmt nur von Atomkraftgegnern gespielt“ wurde. In einer vergleichenden Analyse stellte es Joachim Brenner 2022 als „Underdog-Story der ‚kleinen Atomknacker‘, die gegenuber der ‚großen Atomlobby‘ strukturell im Nachteil sind,“ dar. Er stellt es dem „die Kernenergie befurwortenden“ Spiel Energiepoker aus den fruhen 1980er Jahren gegenuber und vergleicht die Narrative beider Spiele. Als wesentliches Merkmal stellt er dabei heraus, dass man bei Die Atom-Knacker nur gemeinsam gewinnen kann: „Es nutzt nichts, alle Atomkraftwerke im eigenen Land abzuschalten, wenn die Nachbar:in (die Mitspieler:in) mit dem Ausstieg nicht vorankommt.“ Zudem stellt er das Ungleichgewicht der im Spiel genutzten Wahrungen dar, wobei man mit Wahlerstimmen und Prestige wesentlich effektiver Atomkraftwerke schließen kann als mit Geld. Er betont zudem, dass das Spiel vor allem aufgrund seiner „sarkastischen und selbstironischen Bemerkungen zu Atomlobby, Weltpolitik und linkem Milieu sowie dem Umstand, dass das Spiel aufgrund von Asymmetrie und großem Zufallsfaktor meist nicht sofort von den „Atomknackern“ gewonnen wird“, seinen besonderen Reiz gewinnt. Zuletzt stellt er als „Befund“ heraus, „dass in Spielen der 1980er Jahre kontrare Haltungen zum „Atom“ bereits an Zwolfjahrige spielerisch vermittelt wurden, unterstreicht die bis heute hohe Intensitat des bundesdeutschen Atomkonflikts.“ Literatur Joachim Brenner: Mit Atomenergie spielen! Die Auseinandersetzung um Kernkraft in Brettspielen der 1980er Jahre. In: Lukas Boch, Anna Klara Falke, Toni Janosch Krause (Hrsg.): Mehr als nur Zeitvertreib? Wissenschaftliche Perspektiven auf analoge Spiele. Eine Veroffentlichung anlasslich der SPIEL 2021. Munster 2022, S. 32–39. (verfugbar als Blogbeitrag auf bghistorian.hypotheses.org, 14. Oktober 2021). Uwe Molter: Die Atomknacker. In: Alternative Spiele portratiert von Uwe Molter. In: spielbox, 3/1987, S. 16. H. Hugo Dornhaus: Entdecke das Universum der Spiele. Das Schlagmalnach durch den Spielekosmos. Enzyklopadie der Brettspiele, Wurfelspiele, Kartenspiele und Rollenspiele, 11 Ausgabe, Oktober 2011, Band 1, S. 119. Weblinks Die Atomknacker in der Spieledatenbank BoardGameGeek (englisch) Die Atomknacker in der Spieledatenbank Luding Joachim Brenner: Mit Atomenergie spielen! Die Auseinandersetzung um Kernkraft in Brettspielen der 1980er Jahre. auf BoardGame Historian, 14. Oktober 2021 Belege
Die Atomknacker – Spielend steigen SIE aus! ist ein semi-kooperatives Brettspiel von Peter Rothammer und Franz Scholles aus dem Jahr 1986, das im Selbstverlag produziert und uber den auf Umweltspiele spezialisierten Verlag Okotopia vertrieben wurde. Die bis zu sieben Mitspieler versuchen gemeinsam, aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen und dabei moglichst viele Kernkraftwerke abzuschalten; dabei spielen sie gegen eine ubermachtige Atomlobby. Obwohl in dem Spiel derjenige gewinnt, der die meisten Anlagen abschalten kann, verlieren alle Spieler, wenn sie gemeinsam zu wenige abschalten.
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Charlotte Magkomo Maxeke, geborene Mannya oder Manye, (* 1871 oder 1872; † 16. Oktober 1939 in Johannesburg) war eine sudafrikanische soziale und politische sowie religiose Aktivistin. Sie war 1903 die erste schwarze Frau aus Sudafrika, die einen Universitatsabschluss erlangte. Sie nahm an der Grundung des South African Native National Congress (SANNC), des Vorlaufers des African National Congress (ANC), teil und grundete 1918 die Bantu-Frauenliga des SANNC, die Vorlauferin der ANC-Frauenliga. Biographie Charlotte Mannya (auch Manye) war das alteste von sechs Kindern von John Kgope Mannya, Sohn des Hauptlings Modidima Mannya vom Volk der Batlokoa unter Hauptling Mamafa Ramokgopa, und von Anna Manci, einer Xhosa aus Fort Beaufort in der ostlichen Kapkolonie. Sie hatte drei Bruder und zwei Schwestern. Mannyas Vater war Straßenvorarbeiter und presbyterianischer Laienprediger, ihre Mutter war Lehrerin. Mannyas Großvater war ein Berater des Konigs der Basothos. Mannya wuchs in Fort Beaufort auf. Ab dem Alter von acht Jahren besuchte sie eine Missionsschule in Uitenhage. Sie zeichnete sich in Niederlandisch, Englisch, Mathematik und Musik aus. Anschließend besuchte sie die Edward Memorial School in Port Elizabeth, die sie in Rekordzeit mit glanzenden Noten abschloss. 1885 zog sie mit ihrer Familie nach Kimberley, einer Stadt, die nach Diamantenfunden stark gewachsen war. 1891 trat Charlotte Mannya gemeinsam mit ihrer Schwester Katie, beide regelmaßige Kirchgangerinnen, dem christlichen African Jubilee Choir bei. Zwei Jahre lang tourte der Chor durch Großbritannien, bot englische und afrikanische Lieder dar und trat anlasslich des 60. Thronjubilaums von Queen Victoria vor dieser in der Royal Albert Hall auf. Die beiden Schwestern lernten, fließend Englisch mit britischem Akzent zu sprechen. Wahrend dieser Zeit besuchte Charlotte Mannya offenbar Suffragetten-Veranstaltungen mit Frauen wie Emmeline Pankhurst. Anschließend reiste der Chor zu weiteren Auftritten nach Nordamerika. Nach Abschluss der Tournee durch die USA verließ der europaische Manager den Chor mit samtlichen Geldern sowie Reisetickets und war unauffindbar, sodass die Chormitglieder mittellos in den USA strandeten. Ihre Geschichte wurde publik, und viele US-Amerikaner spendeten fur den Chor. Auf Vermittlung von Bischof William B. Derrick erhielt Charlotte Mannya von Daniel Payne ein Kirchenstipendium fur die Wilberforce University in Xenia, Ohio, der Universitat der African Methodist Episcopal Church (AMEC), das sie annahm. Einer ihrer Lehrer war der Burgerrechtler W. E. B. Du Bois. Wahrend ihres Studiums lernte Charlotte Manye Marshall Maxeke (1874–1928) kennen, einen Xhosa aus Middledrift. 1903 heirateten die beiden nach ihrer Ruckkehr nach Sudafrika, nachdem Charlotte Mannya mit exzellenten Noten ihren Bachelor absolviert hatte. Das Paar bekam einen Sohn, Edward Clarke († 1945), der spater wie seine Eltern an der Wilberforce studierte. In Sudafrika war Charlotte Maxeke Mitglied des Missionsausschusses der AMEC, hielt Vortrage uber Missionsarbeit und wurde zur Prasidentin der Women’s Missionary Society gewahlt. Die Eheleute arbeiteten gemeinsam als Missionare fur die AMEC, zunachst in Pietersburg und dann in Idutywa (Idutywa Reserve). 1908 grundeten die Maxekes das Wilberforce Institute for AMEC in Evaton in der Transvaal-Kolonie. Charlotte Maxeke war ebenfalls Grundungsmitglied und Prasidentin der Bantu Women’s League. Uber die Liga setzte sie sich fur die Lockerung der „Passgesetze“ im damaligen Transvaal ein, die dazu dienten, die Bewegungsfreiheit der Schwarzen in der Arbeitswelt zu beschranken und zu kontrollieren. Im Juni 1913 fuhrte sie die erste Anti-Pass-Kampagne gegen die Unionsregierung an, bei der sie und 700 Frauen zum Stadtrat von Bloemfontein marschierten und ihre „Passe“ verbrannten. Nachdem die Eheleute nach Johannesburg gezogen waren, engagierte sich Charlottes Maxeke im sozialen Bereich und grundete ein Arbeitsvermittlungsburo. Sie wurde zur Bewahrungshelferin fur jugendliche Straftater ernannt und war damit die erste schwarze Frau, die ein solches Amt innehatte. Durch ihre Arbeit an den Gerichten erfuhr sie von den Auswirkungen des Zusammenbruchs des Familienlebens und den Problemen, die durch das System der Wanderarbeit verursacht wurden. Sie engagierte sich auch in multiethnischen Bewegungen: Sie wandte sich an den Women’s Reform Club in Pretoria, eine Organisation, die sich fur das Wahlrecht der Frauen einsetzte, und trat dem Joint Council of Europeans and Bantus bei. Gemeinsam mit ihrem Mann nahm Charlotte Maxeke 1912 an der Grundung des South African Native National Congress (SANNC), des Vorlaufers des African National Congress (ANC), in Bloemfontein teil. Sie half bei der Organisation der Anti-Pass-Bewegung in Bloemfontein im Jahr 1913 und grundete 1918 die Bantu-Frauenliga des SANNC, die Vorlauferin der ANC-Frauenliga, und schrieb in Xhosa uber die soziale und politische Situation von Frauen. Sie grundete eine Arbeitsvermittlung fur Afrikaner in Johannesburg. Als Leiterin dieser Organisation fuhrte sie eine Delegation zu Premierminister Louis Botha, um die Frage der „Arbeitsnachweise“ (die sogenannten „Passe“) fur Frauen zu diskutieren. Sie beteiligte sich an Protesten gegen niedrige Lohne in der Bergbau- und Industrieregion am Witwatersrand und war 1920 an der Grundung der Industrial and Commercial Worker’s Union (ICU) beteiligt. 1928 starb Marshal Maxeke. Im selben Jahr wurde Charlotte Maxeke als Delegierte zur AMEC-Konferenz in die USA entsandt. Bis in die 1930er Jahre nahm sie weiterhin an Versammlungen teil, wie etwa 1935 an der All African Convention in Bloemfontein, wo sie eine fuhrende Rolle bei der Grundung des National Council of African Women spielte. Am 16. Oktober 1939 starb Charlotte Maxeke in Johannesburg im Alter von 68 Jahren. Ehrungen Sie wird als „Mutter der schwarzen Freiheit in Sudafrika“ bezeichnet. Viele Organisationen und Orte in Sudafrika sind nach ihr benannt, wie etwa ein in Deutschland gebautes U-Boot der Klasse 209 der South African Navy, das „Charlotte Maxeke Johannesburg Academic Hospital“ sowie eine Straße in Durban. Auch die Hauptstraße von Bloemfontein tragt ihren Namen. In Pretorias „Garden of Remembrance“ steht eine Skulptur von ihr. Der ANC benannte im Solomon Mahlangu Freedom College bei Morogoro, Tansania, eine Krankenpflegeschule mit Kindergarten nach ihr. Im Jahre 2003 wurde ihr von der Regierung Sudafrikas postum der Order of Luthuli in Gold verliehen. Jahrlich, am 8. Januar, seinem Grundungstag, widmet der ANC das kommende Jahr Personen oder Initiativen; 2021 war „The Year of Charlotte Maxeke“. Literatur Zubeida Jaffer: Beauty of the Heart: The Life and Times of Charlotte Mannya Maxeke. Bloemfontein 2016, ISBN 978-1-920382-82-7 (englisch). Margaret McCord: The Calling of Katie Makanya: A Memoir of South Africa. Wiley, New York 1995, ISBN 978-0-471-17890-3 (englisch). Thozama April: Theorising women: the intellectual contributions of Charlotte Maxeke to the struggle for liberation in South Africa. Ph.D.-Thesis, University of the Western Cape, Cape Town 2012 (PDF, englisch) Lechesa Tsenoli: The Life & Legacy of Charlotte Mannya-Maxeke. Parliament of the Republic of South Africa, Deputy Speaker, National Assembly, undatierte Schrift (PDF, englisch) Weblinks Philipp Sandner: Charlotte Maxeke, ‘Mother of Black Freedom’. In: dw.com. 18. April 2018, abgerufen am 20. Dezember 2024 (englisch). „Soziale Bedingungen bei Bantu-Frauen und -Madchen“. Ansprache von Charlotte Maxeke auf der Konferenz der christlichen Studentenvereinigungen aus Europa und den Bantu in Fort Hare, 27. Juni bis 3. Juli 1930. In: sahistory.org.za. Abgerufen am 20. Dezember 2024 (englisch). Einzelnachweise
Charlotte Magkomo Maxeke, geborene Mannya oder Manye, (* 1871 oder 1872; † 16. Oktober 1939 in Johannesburg) war eine sudafrikanische soziale und politische sowie religiose Aktivistin. Sie war 1903 die erste schwarze Frau aus Sudafrika, die einen Universitatsabschluss erlangte. Sie nahm an der Grundung des South African Native National Congress (SANNC), des Vorlaufers des African National Congress (ANC), teil und grundete 1918 die Bantu-Frauenliga des SANNC, die Vorlauferin der ANC-Frauenliga.
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